Leitsatz
Ist eine Wohnungseigentümerversammlung zunächst im frei zugänglichen Gaststättenraum, später im Vorgarten abgehalten worden, so führen diese formellen Mängel bei der Beschlußfassung nicht zur Ungültigkeit der Eigentümerbeschlüsse, wenn festzustellen ist, daß sich die Mängel nicht auf die Beschlußfassung ausgewirkt haben.
Sachverhalt
Der Verwalter lud schriftlich zur Wohnungseigentümerversammlung in ein Restaurant. Nachdem die Versammlung zunächst in den Innenräumen des Lokals stattfand, verlegte man den Versammlungsort spätabends nach draußen in den Vorgarten. Einige Wohnungseigentümer waren hiermit nicht einverstanden und begehren nunmehr die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit sämtlicher Eigentümerbeschlüsse wegen fehlender Nichtöffentlichkeit der Versammlung.
Entscheidung
Ohne Erfolg, wie sich noch herausstellen wird, obwohl Wohnungseigentümerversammlungen grundsätzlich nichtöffentliche Veranstaltungen sind. Und dies aus gutem Grund, denn für die Wohnungseigentümer besteht ein schutzwürdiges Interesse darin, fremden Einfluß von der Wohnungseigentümerversammlung fernzuhalten und einen ungestörten Versammlungsablauf zu sichern. Schließlich soll hierdurch auch vermieden werden, daß die Angelegenheiten der Gemeinschaft an die öffentlichkeit dringen.
In diesem Zusammenhang bestehen natürlich berechtigte Bedenken gegen die Abhaltung einer Eigentümerversammlung in einer Gaststätte. Hier ist jedoch die Lage des Einzelfalls entscheidend, denn bei minderschweren Beeinträchtigungen einer Versammlung begründen formelle Fehler bei deren Durchführung nur dann eine Anfechtung, soweit sich die Mängel auf das Ergebnis der Beschlußfassungen zumindest ausgewirkt haben können. Steht auf der anderen Seite aber fest, daß das Abstimmungsergebnis durch den Verfahrensfehler nicht beeinflußt worden ist, reicht eben der formelle Mangel nicht aus.
Vorliegend sah es das Gericht als unbedenklich an, daß die Wohnungseigentümer zunächst in einem durch eine ca. 1,2 Meter hohe Wand abgetrennten Nebenraum der Gasstätte tagten. Nach eigenen Angaben der Teilnehmer wurde dann die Versammlung in den Gaststättenvorgarten verlegt, als weitere Gaststättenbesucher in dem Nebenraum Platz nahmen, da den Versammlungsteilnehmern die Auswirkungen ihrer erregten Diskussionen auf die anderen Gäste peinlich waren.
Zwar fand die Versammlung im Vorgarten in einem Abstand von etwa 10 Metern zum Fahrbahnrand einer Straße mit einigem Verkehrsaufkommen statt, die damit verbundenen akustischen Störungen hielten sich jedoch in erträglichen Grenzen. Aus all dem ergab sich, daß sich der formelle Mangel der Eigentümerversammlung bei diesen minderschweren Beeinträchtigungen auf die dort gefaßten Beschlüsse nicht auswirken konnte.
Letztlich könnte man, da die Beschlüsse ja unter Verletzung der Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes zustande gekommen sind, noch mit erzieherischen Gründen argumentieren, um die Eigentümerversammlung zu mehr Disziplin anzuhalten. Dann muß man aber auch bedenken, daß dies erhebliche negative Folgen für die Eigentümergemeinschaft hätte. Ohne Rücksicht auf die inhaltliche Richtigkeit der Beschlüsse müßten für die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums wichtige Beschlüsse wie etwa über erforderliche Sanierungsarbeiten, entsprechende Sonderumlagen oder Wirtschaftspläne im Anfechtungsverfahren rückwirkend beseitigt werden. Ungeachtet des zusätzlichen Aufwands könnten einzelne Beschlüsse wegen Zeitablaufs überhaupt nicht mehr nachgeholt werden, wie etwa solche über Wirtschaftspläne.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 30.04.1997, 24 W 5809/96
Fazit:
Unabhängig von dieser Entscheidung sollte natürlich das Erfordernis der Nichtöffentlichkeit des Versammlungsortes schon im Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft gewahrt werden. Im übrigen sollte die Wohnungseigentümerversammlung grundsätzlich in der Nähe der Wohnungseigentumsanlage stattfinden, wobei es für die Wahl des Versammlungsorts entscheidend darauf ankommt, daß den Eigentümern die Teilnahme nicht unmöglich oder unzumutbar gemacht wird.
Andererseits gibt es keine Vorschriften, die bestimmte Räumlichkeiten als Versammlungsort grundsätzlich ausschließen. Darum wurde seitens der Rechtsprechung auch die Abhaltung einer Eigentümerversammlung in der Waschküche der Eigentumsanlage noch als zumutbar angesehen. Generell macht jedoch die Wahl eines unzumutbaren Ortes die dort gefaßten Beschlüsse anfechtbar.