1 Leitsatz
Eine bauliche Veränderung dient dem Einbruchsschutz, wenn sie geeignet ist, den widerrechtlichen Zutritt zu einzelnen Wohnungen oder zu der Wohnungseigentumsanlage insgesamt zu verhindern, zu erschweren oder auch nur unwahrscheinlicher zu machen. Der Anspruch aus § 20 Abs. 3 WEG ist auch dann gegeben, wenn kein Wohnungseigentümer durch diese in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. In diesem Fall bedarf es auch keines Einverständnisses.
2 Normenkette
§§ 16 Abs. 2 Satz 2, 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3, Abs. 4 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer lehnen den Antrag von Wohnungseigentümerin K ab, ihr eine Verbreiterung der Terrassenabtrennung zu gestatten. Ferner bestimmen sie, dass K die Kosten für die Neubepflanzung einer Grünanlage zu tragen hat, da diese Anlage vor der Wohnung der K liegt. Gegen die Beschlüsse erhebt K eine Anfechtungsklage.
4 Die Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat Erfolg! Der Beschluss, die Terrassenabtrennung nicht zu gestatten, widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Die Klägerin habe nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WEG sogar einen Anspruch auf Gestattung. Die Verbreiterung der Trennwand diene dem Einbruchsschutz. Denn der Begriff "Einbruchsschutz" meine technische Vorrichtungen, welche darauf abzielten, das Wohnungseigentum oder die Wohnungseigentumsanlage gegen das Eindringen oder Einbrechen Unbefugter zu schützen. Eine bauliche Veränderung diene dem Einbruchsschutz, wenn sie geeignet sei, den widerrechtlichen Zutritt zu einzelnen Wohnungen oder zu der Wohnungseigentumsanlage insgesamt zu verhindern, zu erschweren oder auch nur unwahrscheinlicher zu machen. Diese Voraussetzungen würden vorliegen. Durch die beantragte Verbreiterung der Trennwand werde verhindert, dass Dritte ungehinderten Zugang zur Wohnung der Klägerin erhielten: Die Wohnung sei derzeit von der Nachbarterrasse aus ungehindert begehbar. Darüber hinaus habe die Klägerin einen Anspruch auf Gestattung aus § 20 Abs. 3 WEG. Der Anspruch sei gegeben, wenn kein Wohnungseigentümer durch die bauliche Veränderung in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt werde. In diesem Fall bedürfe es auch keines Einverständnisses. Eine rechtlich relevante Beeinträchtigung anderer Miteigentümer sei im Fall aber ausgeschlossen. Alle anderen Wohnungseigentümer hätten auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Terrassenabtrennung erhalten.
Es sei ferner willkürlich und ermessensfehlerhaft, die Kosten für die Neubepflanzung K aufzuerlegen. Es reiche nicht, dass sich die Grünfläche in der Nähe der Wohnung der Klägerin befinde. Die Grünfläche sei auch weder für die Klägerin noch ihre Mieter nutzbar. Der Beschluss sei willkürlich und nicht gerechtfertigt, da die Pflege für einen einzigen Teil der gesamten kleineren und größeren Grünflächen rund um die Anlage einer Wohnungseigentümerin auferlegt werde.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es vor allem um 2 Probleme (es gab auch weitere, die wir aber wegen ihrer Irrelevanz für den Verwaltungsalltag nicht berichten). Die Probleme scheinen ihre Quelle in einem allgemeinen Unfrieden zu haben. Die anderen Wohnungseigentümer und die klagende Wohnungseigentümerin scheinen sich, warum auch immer, nicht zu mögen. Der Sache nach geht es um eine bauliche Veränderung und einen Umlagebeschluss.
Gestattung einer baulichen Veränderung
Die Entscheidung bringt Anschauungsmaterial für das, was man als eine angemessene bauliche Veränderung ansehen kann, die dem Einbruchsschutz dient. Die Definitionen, die das AG insoweit gefunden hat, überzeugen. Zwar dürfte der Gesetzgeber nicht an eine Terrassenabtrennung gedacht haben. Es spricht m. E. aber nichts dagegen, diese als eine bauliche Veränderung anzusehen, die dem Einbruchsschutz dient.
Umlagebeschluss
Die Wohnungseigentümer können nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine vom Gesetz oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen. Diese Regelung muss einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen. Daran fehlt es, wenn man einer Wohnungseigentümerin ohne erkennbaren Grund die Kosten für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums auferlegt.
6 Entscheidung
AG Königswinter, Urteil v. 8.2.2022, 31 C 6/21