Leitsatz
Mit Beschluss vom 14.7.2006 hatte das FamG Hamm ein Verfahren auf Entziehung der elterlichen Sorge für das am 9.8.2006 geborene Kind U gegen die Kindesmutter eingeleitet. Die im Gerichtsbezirks des AG Hamm ansässige Kindesmutter lebte von ihrem Ehemann U2 getrennt. Mutmaßlicher Vater des Kindes U war der ebenfalls in Hamm wohnhafte S. Er hatte die Vaterschaft nicht anerkannt. Aus der Ehe der Kindesmutter mit U2 waren weitere sieben noch minderjährige Kinder hervorgegangen. Hinsichtlich der vier in Jahren 1994, 1995, 1998 und 1999 geborenen Kinder war den Eltern die elterliche Sorge durch Beschluss des FamG Herne-Wanne vom 12.3.2002 entzogen worden. Die Vormundschaften für diese Kinder wurden beim AG Herne-Wanne geführt. Hinsichtlich der weiteren in den Jahren 2002 und 2004 geborenen Kinder waren vormundschaftliche Maßnahmen durch das FamG Münster getroffen worden. Hinsichtlich des jüngsten im Jahre 2005 geborenen gemeinsamen Kindes waren der Kindesmutter durch Beschluss des FamG Erkelenz vom 20.6.2006 Teilbereiche der elterlichen Sorge, dem Kindesvater die elterliche Sorge insgesamt entzogen worden.
Für das im Jahre 2005 geborene Kind wurde das Jugendamt der Stadt I als Vormund und Ergänzungspfleger bestellt. Sowohl im Verfahren vor dem FamG Herne-Wanne, als auch in dem Verfahren vor dem FamG Erkelenz wurden umfangreiche psychologische Sachverständigengutachten eingeholt, die zusammen mit dem Diagnosebericht des Kinderheims T aus N vom 6.4.2005 Grundlage der Entscheidung des FamG vom 20.6.2006 waren.
Das FamG Hamm hat das Verfahren mit Beschluss vom 10.8.2006 unter Hinweis auf die dort anhängige Pflegschaft für das Kind N2 an das FamG Erkelenz abgegeben. Das FamG Erkelenz hat sodann das FamG Hamm um Übernahme des Verfahrens nach § 46 Abs. 1 S. 1 FGG ersucht. Die sorgeberechtigte Kindesmutter hat der Abgabe zugestimmt. Das FamG Hamm hat die Übernahme abgelehnt und die Sache dem Senat zur Entscheidung nach § 46 Abs. 2 FGG vorgelegt.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt das FamG Erkelenz für die Weiterführung des Verfahrens zuständig.
Bei dem Gegenstand des anhängigen Verfahrens nach § 1666 Abs. 1 BGB handele es sich um eine Einzelverrichtung i.S.d. §§ 43 Abs. 1, 46 Abs. 3 FGG, auf die die Vorschrift des § 46 Abs. 1 FGG anwendbar sei, wonach das Verfahren an ein anderes, an sich örtlich unzuständiges FamG abgegeben werden könne, wenn wichtige Gründe vorliegen, die die Übernahme rechtfertigen und sowohl das übernehmende Gericht, als auch der Vormund - bei Bestehen der elterlichen Sorge der sorgeberechtigte Elternteil - der Übernahme zustimmten. Daran fehle es, nachdem das FamG Hamm die Übernahme des Verfahrens durch Verfügung vom 5.9.2006 abgelehnt habe.
Das OLG sah von einer Ersetzung der fehlenden Zustimmung des FamG Hamm nach § 46 Abs. 2 FGG ab, da keine wichtigen Gründe vorlägen, die eine Übernahme von dort rechtfertigten. Ein wichtiger Grund liege nur dann vor, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Kindeswohls zweckmäßig erscheine, dass nicht das örtlich zuständige, sondern das um Übernahme ersuchte Gericht mit der Sache befasst werde (vgl. BayObLG v. 29.6.1998 - 1Z AR 38/98, FamRZ 1999, 796; OLG Brandenburg v. 9.12.1999 - 10 WF 238/99, OLGReport Brandenburg 2000, 269 = FamRZ 2000, 1295; Keidel/Kunze/Winkler-Engelhardt, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 46 Rz. 3).
An diesen Voraussetzungen fehle es hier.
Die Abgabe des Verfahrens an das FamG Hamm entspreche nicht dem Wohl des Kindes U, zumal vorliegend die Besonderheit bestehe, dass die örtliche Zuständigkeit des FamG Erkelenz - nach übereinstimmender Auffassung der beteiligten FamG - nicht auf den §§ 36 Abs. 1, S. 1, 43 Abs. 1, 64 Abs. 3, S. 2 FGG als Gericht am Wohnsitz des Kindes, sondern auf den §§ 36 Abs.1, S. 2, 43 Abs. 1, 64 Abs. 3, S. 2 FGG beruhe, als desjenigen Gerichts, bei welchem bereits eine Vormundschaft bezüglich eines Geschwisterkindes anhängig sei.
Damit habe der Gesetzgeber die örtliche Zuständigkeit abweichend vom Regelfall, dass das Wohnsitzgericht des Kindes zur Entscheidung berufen sein solle, geregelt, um sicherzustellen, dass die Entscheidungsbefugnis bei Vorhandensein mehrerer Kinder an ein und demselben Gericht konzentriert werde und um der Gefahr zu begegnen, dass sich widersprechende Entscheidungen zur elterlichen Sorge mehrerer Kinder derselben Familien ergäben. Diese Regelung entspreche außerdem grundsätzlich der Zweckmäßigkeit, weil dem Gericht die Verhältnisse in der betreffenden Familie bekannt seien und es sich ohne übermäßigen Aufwand in die Sache einarbeiten könne.
Weder die vom FamG Erkelenz angegebene Entfernung zwischen dem Wohnort des Kindes und dem Gericht in Erkelenz, noch die mögliche Belastung der Staatskasse mit den Fahrtkosten der beteiligten Kindeseltern stellten ausreichende Gründe für eine Durchbrechung der Zuständigkeitsregelung des § 36 Abs. 1, S. 2 FGG dar.
Das Interesse des Staates an einer kostensparenden Prozessführung sei vor dem Hinte...