Leitsatz
Zwischenzeitlich geschiedene Eltern stritten um die Regelung des Sorgerechts über den im Jahre 1994 aus ihrer Ehe hervorgegangenen Sohn.
Das AG hatte durch Beschluss vom 24.2.2010 das Sorgerecht auf die Kindesmutter übertragen. In dem daraufhin von dem Kindesvater geführten Beschwerdeverfahren begehrte er nunmehr im Wege der einstweiligen Anordnung die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Wege der einstweiligen Anordnung und damit für eine Regelung i.S.v. §§ 621g, 621l Nr. 1, 620a ZPO für gegeben.
Das Wohl des Kindes gestatte einen Aufschub bis zur endgültigen Regelung nicht, es bestehe vorliegend ein Regelungsbedürfnis für eine einstweilige Sorgerechtsregelung.
Der Kindesvater habe insoweit vorgetragen, dass die Gastmutter, bei der der Sohn im Rahmen eines Schüleraustausches das nächste Schuljahr über in Kanada wohnen sollte bei einem Unfall in Deutschland schwer verletzt worden sei und deshalb nicht absehbar sei, wann sie wieder nach Kanada zurückkehren könne. Aufgrund dessen sei derzeit nicht geklärt, wo der Sohn, der bereits in Kürze nach Kanada fliegen werde, während des Schüleraustausches wohnen werde.
Der Antragsgegner, der über erheblich bessere Kontakte nach Kanada verfüge als die Antragstellerin, sei nunmehr bestrebt, möglichst schnell über die ihm zur Verfügung stehenden Kontakte eine andere geeignete Gastfamilie für den Sohn zu finden. Er sehe sich aber an offiziellen Bemühungen gehindert, weil die Antragstellerin jede Kommunikation mit ihm ablehne und u.a. ggü. der aufnehmenden kanadischen Schule ausdrücklich erklärt habe, dass sie alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge sei und deshalb auch nur sie alleine Entscheidungen treffen könne.
Vor diesem Hintergrund bestehe ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Einschreiten, weil das Wohl des Kindes ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache nicht zulasse, weil anderenfalls das Auslandsjahr scheitere.
Auch die Stellungnahme der Verfahrenspflegerin, die ein ausführliches Gespräch mit dem Sohn geführt habe, spreche für diese Lösung. Danach habe der Sohn seinen schon vor dem Familiengericht geäußerten Wunsch nach einem gemeinsamen Sorgerecht beider Eltern bekräftigt und zudem bestätigt, dass es seinen Eltern bislang nicht möglich gewesen sei, nach einem schweren Unfall der Gastmutter in Kanada eine Lösung zu finden, obgleich beide den von ihm beabsichtigten Schüleraustausch in Kanada wollten.
Auch der Wille des 16 Jahre alten Sohnes spreche für die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Trotz der vielfachen Streitigkeiten der Eltern erscheine dieser Wille auch umsetzbar. Zumindest für das folgende Jahr seien die Eltern sich über die wesentlichen Belange des Sohnes einig. In Übereinstimmung hiermit halte die Kindesmutter selbst die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge für möglich, wenn bestimmte Fragen wie die Kostenbeteiligung des Vaters und der Abschluss notwendiger Krankenversicherungsverträge geklärt würden.
Insoweit ging das OLG davon aus, dass der Vater sich gegen die Notwendigkeit der Klärung dieser Fragen nicht sperren werde.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 02.08.2010, II-3 UF 76/10