Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 21 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 5 WEG
Kommentar
1. Es wurde bereits eine Entscheidung des BayObLG, Entscheidung v. 04.11.1982, BReg 2 Z 8/82zitiert, in der das Gericht zum Ausdruck brachte, dass Einwendungen gegen eine Einzelabrechnung trotz Verbindlichkeit einer Jahresgesamtabrechnung möglich seien, wenn und soweit über die Einzelabrechnung nicht Beschluss gefasst worden sei. In diesem entschiedenen Fall wurden also die Zahlungspflichten des einzelnen Wohnungseigentümers weder in der Jahresabrechnung noch im Wirtschaftsplan festgelegt. Die Beschlussfassung bezog sich also nur auf die Gesamtbeträge in der Jahresabrechnung.
In dieser neuen Entscheidung hatte sich nun das BayObLG mit einer Jahresabrechnung zu befassen, in der auch gleichzeitig die Einzelabrechnungen enthalten waren. Das Gericht führte aus, dass durch den - unangefochten gebliebenen - Eigentümerbeschluss über die Genehmigung der betreffenden Jahresabrechnung ( § 28 Abs. 5 WEG) auch die in ihr festgesetzten Zahlungspflichten der einzelnen Wohnungseigentümer verbindlich geworden seien und zwar auch dann, wenn die Abrechnung materiell unrichtig gewesen sein sollte (BayObLG ZMR 80, 186/188; OLG Frankfurt OLGZ 1979, 136/137; OLG Karlsruhe WEM 80, 80/81). Der die Abrechnung genehmigende Beschluss sei auch hinsichtlich der Einzelabrechnung bindend, soweit er nicht nichtig oder für ungültig erklärt sei.
Weiterhin bestätigt das Gericht in dieser Entscheidung erneut, dass Aufrechnungen gegenüber Wohngeldforderungen nur mit anerkannten oder auf Notgeschäftsführung beruhenden Gegenansprüchen (zu ergänzen: oder rechtskräftig titulierten Gegenansprüchen) möglich seien.
2. Bestehe z.B. ein nicht angefochtener und damit bestandskräftiger Sanierungsbeschluss und wurden Instandsetzungskosten über einen Jahresabrechnungsbeschluss genehmigt, so habe dieser Abrechnungsbeschluss überlagernde Wirkung und begründe die Zahlungspflichten der Eigentümer, selbst wenn seinerzeit der Sanierungsbeschluss etwa wegen Verstoßes gegen § 22 Abs. 1 WEG oder § 16 Abs. 3 WEG unwirksam hätte sein können.
3. Hat sich im Laufe des Verfahrens die eingangs eingereichte Eigentümerliste geändert, so kann dieser Mangel durch Übersendung einer neuen, aktuellen Liste geheilt werden; ein Verfahrensmangel ist hier nicht gegeben.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 06.10.1983, BReg 2 Z 100/82)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Das BayObLG stellt nun wohl bei Anfechtungen von Abrechnungsbeschlüssen darauf ab, ob eine Einzelaufteilung der Gesamtergebnisse der Abrechnung ebenfalls mit in der Jahresabrechnung enthalten ist. Da eine solche Abrechnungsübersicht heute nicht selten ist, wird wohl der Eigentümer auch sehr rasch die Richtigkeit der Aufteilung unter Berücksichtigung seiner geleisteten Vorauszahlungen und des jeweiligen Kostenverteilungsschlüssels zu überprüfen haben; sollte das Einzelabrechnungs-Saldo rechnerisch oder sachlich unrichtig sein, ist dem Eigentümer auf jeden Fall zu empfehlen, diese Abrechnung in Bezug auf seine Einzelabrechnung innerhalb Monatsfrist anzufechten. In der Anfechtung sollte jedoch deutlich herausgestellt werden, dass sich ein etwaiger Angriff nicht gegen die Rahmendaten der Gesamtabrechnung richtet, sondern gegen Fehler in seiner mit dieser Gesamtabrechnung erfolgten Einzelabrechnung. Erfolgt die Einzelabrechnung separat in gesondertem Schreiben und wurde diese nicht gleichzeitig mit der Jahresgesamtabrechnung beschlossen, können allerdings meines Erachtens etwaige Fehler in der Einzelabrechnung nach wie vor unbefristet geltend gemacht werden.
Bemerkenswert ist, dass das Gericht stets auch von neuem den Grundsatz bestätigen muss, dass gegen Hausgeldvorauszahlungen und auch Hausgeldjahres-Restschulden Zurückbehaltungsrechte und insbesondere Aufrechnungen grds. nicht möglich sind. Behauptete Gegenforderungen müssen deshalb Eigentümer stets separat geltend machen, dürfen sie jedoch nicht verrechnen, da diese Abzüge nicht den Verwalter treffen, sondern eine gesamte Gemeinschaft und die Versorgung des gesamten Anwesens gefährden.
[Aus heutiger Sicht steht fest, dass grds. auch über alle Einzelabrechnungen mitzubeschließen ist, Anfechtungen bezogen auf Einzelabrechnungsfehler "insoweit" jedoch zulässig sind.]