Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Im konkreten Einzelfall hat der Senat das Grillen auf Holzkohlenfeuer in einem sondergenutzten Garten in zeitlich und örtlich begrenzter Weise gestattet
Pflanz-Kletterhilfe im Garten nicht beseitigungspflichtig; keine nachteilige bauliche Veränderung
§ 516 ZPO (Berufungsfrist-Beginn spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach Verkündung eines Urteils) ist im WEG-Verfahren nicht analog anwendbar
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 45 Abs. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB, § 516 ZPO, § 16 Abs. 3 FGG, § 22 FGG
Kommentar
1. Die Regelung des § 516 ZPO, wonach spätestens mit dem Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung eines Urteils die Berufungsfrist beginnt, ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht entsprechend anwendbar; dies gilt auch für das sogenannte echte Streitverfahren, wie z.B. das Wohnungseigentumsverfahren.
Wird in Wohnungseigentumssachen eine Beschlussentscheidung durch Zustellung des Gerichtsbeschlusses bekanntgemacht, beginnt die (2-wöchige) Rechtsmittelfrist gem. § 16 Abs. 2 FGG mit dem Zeitpunkt der wirksamen Zustellung. Wird demgegenüber ein Gerichtsbeschluss nach § 16 Abs. 3 FGG nur zu Gerichtsprotokoll bekannt gemacht, wird die Rechtsmittelfrist mit ordnungsgemäßer Bekanntmachung in Gang gesetzt; eine solche setzt jedoch voraus, dass die Entscheidung mit Entscheidungssatz und vollständigen Gründen im vollen Wortlaut mündlich verkündet und zu Protokoll genommen wird; Verkündung und Anwesenheit der Beteiligten sind zu vermerken. Wurde in einem solchen Fall vom Gericht nur der Entscheidungssatz verkündet, ist die Entscheidung zwar existent, aber noch nicht wirksam geworden, so dass auch noch nicht die Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt wurde. Anderes gilt demgegenüber nach ZPO (vgl. § 310 ZPO, § 311 Abs. 2 ZPO).
2. Ob das Grillen auf Holzkohlenfeuer in sondergenutztem Garten wegen Verstoßes gegen § 14 Nr. 1 WEG uneingeschränkt zu verbieten, zeitlich oder örtlich begrenzt zu erlauben, oder ohne Einschränkungen zu gestatten ist, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab. Maßgebend sind hier insbesondere Lage und Größe des Gartens, die Häufigkeit des Grillens und das verwendete Grillgerät. Welche Entscheidung hier zu treffen ist, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (vgl. auch Staudinger/Bub, § 21 Rn. 139).
Entgegen der Meinung des LG, dass gelegentliches Grillen im hinteren Teil des Gartens hingenommen werden müsse, lt. Tenor der landgerichtlichen Entscheidung allerdings das Grillen im Garten auf Holzkohlenfeuer uneingeschränkt zu gestatten sei, entschied der Senat,
"dass der Antragsgegnerseite untersagt wird, auf ihrer Sondernutzungsfläche mit einem Holzkohlengrill in einem Bereich, der weniger als etwa 25 m von der Wohnung der Antragstellerin entfernt ist, mehr als insgesamt fünfmal im Jahr zu grillen".
Ob (überdies) dem Grillen in dem nach dieser Entscheidung zulässigen Umfang nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche Dritter entgegenstehen, musste hier nicht entschieden werden.
3. Hinsichtlich einer weiterhin im Garten aufgestellten Kletterhilfe (vier Holzpfosten, 2 m hoch, untereinander mit dünnen Drähten verbunden und mit dort wild wachsendem Wein) wurde der Beseitigungsanspruch der Antragstellerseite abgelehnt.
Ein gartensondernutzungsberechtigter Eigentümer hat die Befugnis, seine Gartenfläche gärtnerisch zu gestalten (im Rahmen der Grenzen des § 13 Abs. 1 WEG und der sich aus § 14 Nr. 1 WEG ergebenden Verpflichtungen). Erleidet damit kein anderer Eigentümer durch eine Gestaltungsmaßnahme (wie hier) im Sondernutzungsbereich einen Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG, bedarf der Sondernutzungsberechtigte zu dieser Maßnahme einer Zustimmung der restlichen Eigentümer auch dann nicht, wenn die Gestaltungsmaßnahme eine bauliche Veränderung darstellt, die über eine ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG hinausgeht. Von einem Nachteil ist auch dann zu sprechen, wenn dieser in nicht ganz unerheblicher nachteiliger Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage liegt, was grundsätzlich durch den Tatrichter zu beurteilen ist. Vorliegend wurden vom LG optische Beeinträchtigungen durch diese nur in den Boden gerammten und wieder entfernbaren Holzstangen nicht angenommen, auch nicht für die Zeit, in der an der Kletterhilfe rankende Pflanzen nicht belaubt seien, das Gestell also dann keinen "irgendwie geschlossenen Eindruck" erwecke.
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in allen Rechtszügen bei Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 2.000 (für die ersten beiden Instanzen von jeweils DM 3.000).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 18.03.1999, 2Z BR 6/99= BayObLGZ 1999, Nr. 22)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Interessant ist an dieser Entscheidung zu einem Antrag einer Miteigentümerin (mit Wohnung und Balkon im 2.OG), dem gartensondernutzungsberechtigten Antragsgegner gänzlich zu verbieten, im Garten zu grillen, dass der Senat (entgegen der a...