Leitsatz
Die Eltern eines minderjährigen Kindes hatten nach ihrer Trennung zunächst Einvernehmen hinsichtlich des Verbleibs des Kindes erzielt. Das Kind hielt sich nach der Trennung der Eltern über ein Jahr im Haushalt des Kindesvaters auf. Die Kindesmutter hatte regelmäßigen Umgang mit ihm. Nach Übersiedlung des Kindes in ihren Haushalt wollte sich die Kindesmutter an die getroffene Übereinkunft der Eltern nicht mehr halten lassen und begehrte die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich, das zuvor auf den Kindesvater übertragen worden war.
Ihrem Antrag wurde nicht stattgegeben. Auch ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wurde zurückgewiesen.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war zu berücksichtigen, dass die Kindeseltern zunächst Einvernehmen hinsichtlich des Verbleibs des betroffenen Kindes nach der Trennung erzielt hatten. Ob eine solche Vereinbarung ausdrücklich zwischen den Eltern zustande gekommen sei, wie von dem Kindesvater behauptet, könne dahinstehen. Jedenfalls sei unter Beachtung dessen, dass sich das Kind einvernehmlich über ein Jahr in dem Haushalt des Kindesvaters aufgehalten und die Kindesmutter den Umgang wahrgenommen habe, eine solche Vereinbarung zumindest konkludent zustande gekommen. Unter diesen Voraussetzungen sei ein Elternteil nicht ohne weiteres berechtigt, eine derartige Vereinbarung zwischen den Eltern aufzukündigen. Insoweit seien die Regelungen des § 1696 BGB analog heranzuziehen (Rotax/Rotax, Praxis des Familienrechts, 3. Aufl. 2007, Teil 4, Rz. 801; vgl. auch Hammer, FamRZ 2005, 1209, 1214).
Dies folge aus dem Umstand, dass auch Elternvereinbarungen eine materiell-rechtliche Wirkung zukomme. So seien derartige Elternvereinbarungen durch das Gericht bei Entscheidungen betreffend des Sorge- und Umgangsrechts regelmäßig in die Entscheidung einzubeziehen und bildeten zudem eine wesentliche Entscheidungsgrundlage.
Im Rahmen einer erstmaligen Entscheidung über das Sorgerecht sei einem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern regelmäßig nachzukommen. Bestehe eine solche Vereinbarung und habe das Gericht aufgrund dessen das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil durch gerichtlichen Beschluss übertragen, könne der andere Elternteil allein unter den weiteren Voraussetzungen des § 1696 BGB eine anderweitige Regelung begehren (OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.3.2007 - 10 UF 226/06 - zitiert nach Juris).
Das Gericht sei gleichsam bereits vor erstmaliger Entscheidung über das Sorgerecht im Rahmen des § 1696 BGB an entsprechende elterliche Vereinbarungen regelmäßig gebunden, derartige Vereinbarungen bildeten also einen triftigen Grund im Sinne der Vorschrift des § 1696 BGB.
Insoweit bedürfe es des Vorliegens triftiger Gründe, wenn die Kindesmutter an der vormals getroffenen Übereinkunft der Eltern nicht mehr festhalten wolle. Voraussetzung hierfür sei, dass die Vorteile eine Änderung der getroffenen Sorgerechtsentscheidung die mit der Änderung verbundenen Nachteile deutlich überwögen, was durch einen Vergleich des Bestandsinteresses ggü. dem Änderungsinteresse zu ermitteln sei. Ein deutliches Überwiegen hinsichtlich des Änderungsinteresses ggü. dem Verbleib beim Antragsgegner sei jedoch in keiner Weise erkennbar.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 10.12.2007, 9 WF 367/07