Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterliche Sorge: Abänderungsverlangen eines Elternteils bei übereinstimmender Vereinbarung zum Sorgerecht

 

Leitsatz (amtlich)

Haben die Eltern gemeinsam ein Vereinbarung zum Sorgerecht getroffen, kann ein Elternteil hiervon nur analog den Regelungen des § 1696 BGB Abänderungen verlangen.

 

Normenkette

BGB § 1696 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Beschluss vom 16.11.2007; Aktenzeichen 55 F 12/07)

 

Tenor

1. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Antragstellerin auf einstweilige Außervollzugsetzung des Beschlusses des AG Neuruppin vom 16.11.2007 (Az. 55 F 12/07) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Anträge sind zurückzuweisen, da ihnen die notwendige Erfolgsaussicht fehlt. Hinsichtlich des in zulässiger Weise eingelegten Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde (§ 620c Satz 1 ZPO) besteht in der Sache nach derzeitigem Stand keine Erfolgsaussicht, da das AG unter zutreffender Abwägung der sorgerechtlichen Kriterien dem Antragsgegner das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das betroffene Kind zugewiesen hat. Insoweit geht die Ansicht der Antragstellerin, die die amtsgerichtliche Entscheidung als Bestrafung für ihr Verhalten im Zusammenhang mit der Trennung bewerten will, fehl.

1. Zutreffend hat das AG ausgeführt, dass hinsichtlich der sorgerechtlichen Kriterien, insbesondere hinsichtlich der Kontinuität und der Erziehungsgeeignetheit im Grundsatz beide Elternteile gute Voraussetzungen für die Wahrung des Wohls des betroffenen Kindes bieten. Dabei mag der Grundsatz der Kontinuität unter Beachtung der nahen Vergangenheit seit Trennung der Eltern sogar eher zugunsten des Antragsgegners sprechen, da dieser seit Trennung der Kindeseltern in September 2007 auf Grund des beiderseitigen Einvernehmens das Kind in seinem Haushalt betreut und versorgt hat. Letztendlich mag dies aber dahinstehen.

Ebenso ist hinsichtlich der Erziehungsgeeignetheit kein wesentliches Überwiegen auf Seiten eines Elternteils erkennbar. Ob eine stärke Fremdbetreuung des betroffenen Kindes tatsächlich die Übertragung zugunsten des Antragsgegners zu rechtfertigen vermag, wie es das AG vertreten hat, mag dahinstehen. Denn den damit verbundenen Ausbau der Pflege von sozialen Kontakten - insbesondere zu gleichaltrigen Kindern - steht die möglicherweise bei der Kindesmutter stärker im Vordergrund stehende persönliche Betreuung entgegen, welche ihrerseits ebenfalls Vorteile für die kindliche Entwicklung bietet. Auch hinsichtlich der Umgangsbereitschaft kann insoweit kaum ein Abweichung zwischen den Kindeseltern festgestellt werden. Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Antragsgegner - soweit bekannt - der Verpflichtung zur Umgangsgewährung einschränkungslos nachgekommen ist. Da die Antragstellerin ihrerseits aber bislang nicht in der Lage war, derartige Umgänge regelmäßig gewähren zu müssen, kann ihr diesbezügliches Verhalten allein auf Grund einer Prognose bewertet werden, wofür derzeit sich keine Entscheidungsgrundlage bietet.

Soweit dagegen die Antragstellerin auf unsichere Wohnverhältnisse und eine unstete Lebenssituation bei dem Antragsgegner abstellt, ist dies nach derzeitigem Stand nicht nachvollziehbar. Dass der Antragsgegner derzeit sich eine neue Wohnung einrichtet, kann kein maßgebendes Kriterium dafür sein, das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorläufig der Antragstellerin allein zuzuweisen. Im Übrigen müssen Kinder auch lernen, mit derartigen Umzugssituationen umzugehen, da dies ein natürlicher Wandel in den familiären Verhältnissen darstellt und vergleichbare Situationen auch zukünftig auf Seiten der Kindesmutter nicht auszuschließen ist.

Unter Berücksichtigung dessen bestehen derzeit jedenfalls keine gravierenden Gründe dafür, einem der Elternteile das Aufenthaltsbestimmungsrecht unter Beachtung der sorgerechtlichen Kriterien zuzuweisen. Dann aber ist der allgemeine Grundsatz zu beachten, dass ein Hin und Her des betroffenen Kindes im Rahmen eines sorgerechtlichen Gerichtsverfahrens möglichst zu vermeiden ist, bis es zu einer abschließenden Entscheidung gekommen ist. Der mehrfache Wechsel des Ortes sowie der unmittelbaren Bezugsperson beeinträchtigt das Kindeswohl in nicht unerheblichem Maße (BVerfG FamRB 2007, 359). In einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend des Sorgerechts ist dies besonders zu beachten, weshalb ein mit einstweiliger Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts verbundener Wechsel des Kindes grundsätzlich vermieden werden sollte, sofern dafür keine besonderen Gründe bestehen (vgl. auch BVerfg, a.a.O.). Insoweit ist der bis vor kurzem stattfindende Aufenthalt bei dem Antragsgegner maßgebend, d.h. es sollte auch insoweit der Aufenthaltsort des betroffenen Kindes möglichst bis zur endgültigen Entscheidung im Verfahren beibehalten werden. Dass das Kind sich nunmehr etwa seit sieben Wochen bei der Kindesmutter befindet, steht dem nicht entgegen.

2. Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, dass die Kindesmutter derzeit ...

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