Leitsatz

Getrennt lebende Eltern stritten um die elterliche Sorge für ihre beiden minderjährigen Kinder, die in dem Haushalt der Kindesmutter lebten. Die Kindesmutter hatte beim Familiengericht beantragt, dem Kindesvater das Sorgerecht zu entziehen und die elterliche Sorge auf sie allein zu übertragen.

Das FamG hat ihren Antrag zurückgewiesen.

Die gegen diesen Beschluss von ihr eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Auch das OLG hielt einen Entzug des Sorgerechts des Vaters und eine Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter allein für nicht angezeigt.

Hauptangriffspunkt der Kindesmutter gegen die erstinstanzliche Entscheidung sei, dass wegen der heillosen Zerstrittenheit der Kindeseltern jegliche Kommunikationsmöglichkeit und -bereitschaft des Kindesvaters fehle, so dass eine sinnvolle Ausübung der elterlichen Sorge nicht möglich sei.

Allein die Zerstrittenheit der Eltern reiche noch nicht aus, um einem Elternteil das Sorgerecht zu entziehen. Dem Belassen der gemeinsamen elterlichen Sorge bei beiden Kindeseltern stehe grundsätzlich nicht entgegen, dass die Kindeseltern untereinander heillos zerstritten seien. Dieser Umstand könne nur dann zum Anlass der Aufhebung der gemeinsamen Sorge gemacht werden, wenn die begründete Annahme bestehe, dass die Kindeseltern eine dem Kindeswohl dienende gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge nicht gewährleisten könnten (vgl. u.a. BGH NJW 2005, 2080 f.; OLG Hamm FamRZ 2005, 537 f., OLG Köln OLGReport Köln 2008, 703 bis 706; FamRZ 2005, 2087; 2000, 499 f.).

Danach reiche allein die Tatsache der Zerstrittenheit der Eltern für eine Sorgerechtsübertragung auf nur einen Elternteil nicht aus. Vielmehr müsse im Rahmen einer konkreten Einzelfallprüfung entschieden werden, ob die Zerstrittenheit der Eltern sich negativ auf das Kindeswohl auswirke. Sei dies nicht erkennbar und auch nicht zu befürchten, dass sich zukünftig negative Auswirkungen ergeben könnten, müsse es trotz der Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Eltern bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleiben, da die hierin gesetzlich ausgeprägte besondere gemeinschaftliche Verantwortung der Eltern für ihr Kind auch in der Trennungssituation dem Kindeswohl am besten entspreche.

Nach vorgenommener Einzelfallprüfung habe nicht festgestellt werden können, dass die Zerstrittenheit der Kindeseltern sich negativ auf die Kindesentwicklung auswirke. Nicht einmal die Kindesmutter trage vor, dass die Beteiligten sich vor den Kindern streiten und ihre Streitigkeiten in die Eltern-Kind-Beziehung einfließen ließen. Alles spreche dafür, dass die Eltern die Kinder glücklicherweise in ihre Streitigkeiten nicht involviert hätten.

Auch der von der Kindesmutter gegen den Vater erhobene Vorwurf, sich nicht ausreichend um die Belange seiner beiden Kinder zu kümmern, keinen Kontakt zu ihr, der Kindesmutter, zu halten und daher eine sinnvolle Ausübung der gemeinsamen Sorge zu torpedieren, könne nicht zu einer Übertragung der elterlichen Sorge auf sie führen. Auch dies reiche nicht aus, um dem Kindesvater das Sorgerecht zu entziehen. Soweit der Vater in Einzelfällen seine Mitwirkung verweigere, könne kurzfristig das Familiengericht in Anspruch genommen werden. Diese möge zu einem Mehraufwand bei der Kindesmutter führen, der aber im hier festgestellten Umfang durchaus zumutbar erscheine.

Auch der Umstand, dass die vereinbarte Umgangsregelung nicht in der wünschenswerten Verlässlichkeit von dem Vater eingehalten werde, möge zum einen an der südländischen Laxheit des Vaters, zum anderen aber auch an arbeitsbedingten Umständen liegen. Jedenfalls könne aus den Unregelmäßigkeiten kein grundsätzliches Desinteresse des Vaters an der Entwicklung seiner Kinder und seinem Mitgestaltungswillen hergeleitet werden. Der Vater versuche durchaus, das Umgangsrecht wahrzunehmen. Jedenfalls könne ein völliges Desinteresse des Kindesvaters an seinen Kindern, das einen Ausschluss seines Sorgerechts rechtfertigen könnte, nicht festgestellt werden.

In Übereinstimmung mit dem Familiengericht vertrat auch das OLG die Auffassung, dass es vorliegend ausnahmsweise einer Kindesanhörung nicht bedürfe. Im vorliegenden Fall könne gerade nicht festgestellt werden, dass die Frage des Entzugs des Sorgerechts von den Kindern problematisiert und sogar gewünscht werde. Die Anhörung der Kinder sei vorliegend reine Förmelei und hätte den nicht Kindeswohl dienlichen Nachteil, die Kinder in die Auseinandersetzung der Eltern mit einzubeziehen. Ihre Anhörung wäre daher eher kontraproduktiv, da die Kinder den Konflikt zum Sorgerecht bislang noch gar nicht realisiert hätten.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 11.10.2010, 4 UF 130/10

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