Leitsatz
Geschiedene Eltern stritten um die elterliche Sorge für ihre im Jahr 2000 geborene Tochter. Die Folgesache Sorgerecht war aus dem Ehescheidungsverbund abgetrennt worden, die Kindesmutter hatte beantragt, ihr die alleinige elterliche Sorge zu übertragen, nachdem der Kindesvater der Mutter anlässlich eines Streits um das Sorge- und Umgangsrecht im Juni 2007 heftig ins Gesicht geschlagen hatte.
Der Mutter war bereits mit Beschluss vom 20.9.2007 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter im Einvernehmen beider Eltern übertragen worden.
Dem Antrag der Mutter auf Übertragung der elterlichen Sorge auf sie trat der Kindesvater entgegen.
Durch Beschluss vom 31.3.2010 wurde der Mutter die alleinige elterliche Sorge für die Tochter übertragen.
Hiergegen wandte sich der Kindesvater mit der Beschwerde.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das erstinstanzliche Gericht habe zu Recht der Mutter über das ihr bereits zustehende Aufenthaltsbestimmungsrecht hinaus die Alleinsorge nach § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB übertragen.
§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB bestimme, dass einem Elternteil auf Antrag die elterliche Sorge allein zu übertragen sei, wenn zu erwarten sei, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspreche. Dabei sei es von Verfassungs wegen nicht geboten, der gemeinsamen Sorge ggü. der alleinigen Sorge einen Vorrang einzuräumen. Genauso wenig könne vermutet werden, dass die gemeinsame Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel für das Kind die beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung sei.
Bei den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen sei eine Verständigung der Eltern über wichtige Sorgerechtsfragen nicht mehr in einer Art und Weise möglich, die bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleistete.
Angesichts der angezeigten kindeswohlzentrierten Betrachtungsweise komme es nicht entscheidend darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang die fehlende Kooperationsfähigkeit der Eltern auf dem Verhalten vornehmlich eines Elternteils beruhe. Unbeschadet dessen sei die Ablehnung der Mutter, sich mit dem Vater hinsichtlich wesentlicher Kindesbelange auszutauschen und ein Einvernehmen anzustreben, durchaus nachvollziehbar. Soweit der Vater im Beschwerdeverfahren mit deutlichen Worten die Verantwortung für die Kommunikationsunfähigkeit der Eltern allein der Mutter zuzuweisen versuche, entbehre dies angesichts der von ihm gegen die Mutter begangenen Straftat einer belastbaren Grundlage.
Die soziale Beziehung der Eltern für eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge sei nicht mehr tragfähig und zerrüttet. Der Mutter sei es bei den gegebenen Umständen nicht zumutbar, sie an der gemeinsamen Sorge mit dem Vater festzuhalten. Es stünde dann vielmehr konkret zu erwarten, dass sich dies auf die Kinder nachteilig auswirke, zumal weitere Angriffe des Kindesvaters auf die Mutter zu befürchten seien.
Dem Verhalten des Vaters könne hinsichtlich seiner Gewaltbereitschaft nur eine negative Prognose bescheinigt werden. Er habe sich trotz des bereits laufenden Strafverfahrens dazu hinreißen lassen, erneut ggü. der Mutter gewalttätig zu werden. Auch im jüngsten Strafvollstreckungsverfahren sei eine Aussetzung der Vollstreckung seiner Reststrafe wegen Fehlens einer ungünstigen Prognose abgelehnt worden.
Eine Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur in Teilbereichen diene vorliegend trotz des zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht dem Wohl des Kindes. Es sei davon auszugehen, dass sich die Tochter besser entwickeln könne, wenn man das sorgerechtliche Band, das die Eltern miteinander noch verbindet, restlos durchtrenne.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 30.07.2010, 6 UF 52/10