Leitsatz

Dem Kindesvater war die elterliche Sorge für seine drei Söhne entzogen und auf das Kreisjugendamt als Vormund übertragen worden. Vorausgegangen war der Tod der Kindesmutter, in deren und im Haushalt ihres Stiefvaters die Söhne gelebt hatten. Auch nach dem Tod der Mutter blieben alle drei Kinder zunächst in dem Haushalt ihres Stiefvaters, der sich Anfang September 2009 wegen massiver Alkoholprobleme zur Alkoholentgiftung in eine Klinik begeben musste. Nach anfänglichem Erfolg wurde er rückfällig, so dass der Lebensunterhalt der drei Söhne in dem Haushalt des Stiefvaters nicht mehr gesichert war. Die Söhne Felix und Tom wechselten sodann in den Haushalt der Großeltern mütterlicherseits und Michel in denjenigen seiner Tante, der Schwester seiner verstorbenen Mutter.

Der Kindesvater wehrte sich gegen die Entscheidung des AG und machte insbesondere geltend, der angefochtene Beschluss sei unverhältnismäßig, weil unnötig. Für das Kindeswohl sei dadurch nichts gewonnen. Ihm sei klar, dass er den ältesten nunmehr 17-jährigen Sohn nicht per Gerichtsbeschluss gegen dessen Willen zum Umzug in seinen Haushalt bewegen könne. Dass sich auch die beiden jüngeren Brüder für eine Rückkehr zum Stiefvater ausgesprochen hätten, führte er hauptsächlich auf dessen Einfluss und die Verwandtschaft der Kindesmutter zurück.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das Rechtsmittel des Kindesvaters hatte in der Sache keinen Erfolg. Das OLG folgte der erstinstanzlichen Entscheidung, wonach gemäß §§ 1666, 1666a es aufseiten des Antragsgegners bei der Entziehung der elterlichen Sorge für die drei Jungen und deren Übertragung auf das Jugendamt verbleiben müsse.

Die vollständige Entziehung der elterlichen Sorge sei im Kindeswohlinteresse geboten. Auch nach Überzeugung des Senats sei der Kindesvater nicht erziehungsfähig. Ihm fehle es vor allem an der nötigen Empathie. Alle drei Jungen hätten einvernehmlich bekundet, der Vater gehe nicht auf ihre Bedürfnisse - insbesondere auch die Trauer um die Mutter betreffend - ein. Er interessiere sich vielmehr nur für finanzielle Dinge, so auch die Testamentsanfechtung. Er erfrage nicht, wie sie sich fühlten und was sie sich wünschten. Er mache auch die Mutter schlecht. Eben dies täten auch die Großeltern väterlicherseits.

Es gebe keinerlei Anlass, an der Richtigkeit dieser konstanten, in sich widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Angaben der Jungen zu zweifeln. Alle drei hätten sich im Rahmen ihrer Anhörung ersichtlich um Objektivität bemüht und auch betont, mit dem Vater wieder regelmäßig Umgang haben zu wollen und auch das von diesem gemachte Angebot eines gemeinsamen Urlaubs im Herbst annehmen zu wollen.

Anzeichen für eine Fremdbestimmtheit bzw. Beeinflussung ihrer Angaben beständen nicht.

Aus dem Verhalten des Vaters sei sehr deutlich geworden, dass er nach wie vor nicht in der Lage sei, die von den Kindern geäußerten Wünsche und Bedürfnisse zu akzeptieren, sondern darauf mit gekränkter Eitelkeit und ausschließlich auf seine eigenen Befindlichkeiten bezogen reagiere.

Die Bedürfnisse und Gefühle der Kinder sei er weder bereit zu sehen noch tatsächlich nachzuempfinden. Sein Verhalten sei dem Kindeswohl insgesamt abträglich. Er zeige statt der erforderlichen und erwarteten Empathie für seine Kinder vielmehr weiterhin eine sehr starke Selbstbezogenheit und sehe sich in der Rolle des Opfers - auch durch das Jugendamt und die Verfahrenspflegerin.

Auch der jeweils geäußerte Kindeswille stehe einem Aufenthalt der Jungen im Haushalt des Vaters entgegen. Alle drei hätten wiederholt sehr deutlich, zuletzt vor dem Senat, zum Ausdruck gebracht, nicht im Haushalt des Kindesvaters leben zu wollen.

Alle drei Jungen hätten den von ihnen geäußerten Willen durchgängig bekundet. Dem Wunsch eines jeden Jungen sei als Ausdruck seiner ernstzunehmenden Selbstbestimmtheit ein derart hohes Gewicht beizumessen, dass ein Verbleib im Haushalt des Vaters und ein Belassen des Sorgerechts nicht in Betracht komme. Anderenfalls stehe ernsthaft zu befürchten, dass die Jungen jeweils eine das Kindeswohl nachhaltig gefährdende Verweigerungshaltung einnehmen würden, was angesichts des impulsiven und aufbrausenden Verhaltens des Vaters unweigerlich zu neuerlichen Konflikten führen müsse.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 17.02.2010, II-8 UF 211/09

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge