Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage der Beschwerdebefugnis von Großeltern eines minderjährigen Kindes im Sorgerechtsverfahren. Das Kind war nach dem Tod der Mutter von ihnen betreut worden.
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war die elterliche Sorge für ein am 27.1.2000 geborenes Kind aus einer nichtehelichen Beziehung. Das Sorgerecht stand alleine der Kindesmutter zu. Der Vater hatte bis Anfang 2004 regelmäßig Kontakt zu seinem Sohn. Von 2004 bis Mitte 2006 verbüßte er eine Haftstrafe. Danach hatte er gelegentlich, aber unregelmäßig, Kontakt mit dem Kind.
Am 3.2.2008 verstarb die Mutter. Seither hielt sich das Kind bei den Großeltern mütterlicherseits auf und wurde von ihnen betreut. Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG die elterliche Sorge dem Vater übertragen, hiervon aber erhebliche Bereiche ausgenommen und einem Ergänzungspfleger übertragen. Hierbei ging es um das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Antragsrecht nach SGB VIII, die Gesundheitsfürsorge, Schulbelange und Regelung der Unterhaltsfragen und des Umgangs.
Gegen diese Entscheidung hat die Großmutter Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, neben der ihr bereits übertragenen Vermögenssorge (einschließlich Nachlassregelung) die gesamte Personensorge zu erlangen.
Das OLG hat die Beschwerde wegen fehlender Beschwerdeberechtigung der Großmutter verworfen. Hiergegen richtete sich ihre Rechtsbeschwerde.
Entscheidung
Der BGH hielt die Rechtsbeschwerde der Großmutter nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621e Abs. 2, Abs. 3 S. 2, 522 Abs. 1 S. 4 ZPO für statthaft und auch ansonsten zulässig, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe.
In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Dass die Beschwerdeführerin die Großmutter des betroffenen Kindes sei und zudem ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung habe, begründe für sich genommen kein subjektives Recht, aus der sich ihre Beschwerdeberechtigung ergeben könnte. Eine Beschwerdeberechtigung ergebe sich entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung auch nicht aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG.
Die Beschwerdeberechtigung nach § 57 Abs. 1 Nr. 8 FGG gelte nicht für Endentscheidungen in Sorgerechtsverfahren, auch die Beschwerdeberechtigung nach § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG gemäß § 64 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 57 Abs. 2 FGG sei für Familiensachen ausdrücklich ausgeschlossen (BGH v. 16.6.2010 - XII ZB 35/10, FamRZ 2010, 1242 Rz. 7; v. 26.11.2008 - XII ZB 103/08, FamRZ 2009, 220 Rz. 12; v. 13.4.2005 - XII ZB 54/03, FamRZ 2005, 975, 976 m.w.N.).
Auch § 20 Abs. 1 FGG (jetzt: § 59 Abs. 1 FamFG) führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Großmutter gehöre nicht zu dem Personenkreis, "dessen Recht" durch die angegriffene "Verfügung" beeinträchtigt sei.
Auch aus weiteren - vom BGH angestellten - Erwägungen lasse sich eine Beschwerdeberechtigung der Großmutter nicht herleiten, wobei in der Entscheidung für andere Fälle denkbare Ausnahmen angedeutet werden.
Hinweis
Im vorliegenden Fall war trotz der Zurückweisung der Rechtsbeschwerde der Großmutter der Verbleib des betroffenen Kindes bei den Großeltern gesichert. Das FamG war in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass das Kind weiterhin bei ihnen wohnen sollte. Dies wurde auch von dem Vater und den anderen Beteiligten nicht in Frage gestellt.
Der BGH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass den Großeltern die Möglichkeit bleibe, eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB zu erwirken, falls eine Herausgabe des Kindes aus dem großelterlichen Haushalt angestrebt werde.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 02.02.2011, XII ZB 241/09