Leitsatz
Während der Strafhaft des Vaters eines minderjährigen Kindes hatte die Mutter die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich beantragt. Das erstinstanzliche Gericht hat daraufhin das Ruhen der elterlichen Sorge des Kindesvaters und daraus folgend die alleinige Ausübung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter festgestellt. Ferner hat es den Eltern und allen dritten Personen ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Gebiets des Schengener Abkommens mit dem Kind untersagt.
Gegen diese Entscheidung wandte sich die Kindesmutter und verfolgte ihren auf § 1671 BGB gestützten Sorgerechtsantrag weiter. Ferner wandte sie sich gegen das generelle Verbot der Ausreise mit dem minderjährigen Kind. Zwischenzeitlich war sie gemeinsam mit dem Kind aufgrund einer Ausnahmegenehmigung nach Kolumbien gereist und wieder zurückgekehrt.
Der Kindesvater, der ursprünglich die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hatte, war am 26.7.2006 vorzeitig auf der Haft entlassen worden und hatte einen an das Beschwerdegericht weitergeleiteten Antrag an das AG gerichtet, das Wiederaufleben seines Sorgerechts festzustellen.
Das Rechtsmittel der Kindesmutter führte zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG verwies in seiner Entscheidung auf eine bereits im Jahre 2001 von ihm getroffene Entscheidung, wonach der Aufenthalt eines Elternteils in Strafhaft nicht ohne Weiteres ein Ruhen der elterlichen Sorge zur Folge habe.
Der Kindesvater sei sowohl telefonisch als auch brieflich erreichbar und könne in dringenden Fällen in der JVA aufgesucht werden. Bei der Notwendigkeit eiliger schriftlicher Erklärung könnten diese ihm über die Anstaltsleitung per Fax zugeleitet und von ihm zurückgeleitet werden. Er könne zwar die tatsächliche Betreuung des Kindes nicht selbst wahrnehmen, jedoch Dritte mit dieser Aufgabe betreuen. Bei entsprechender Beratung durch das Jugendamt wäre es ihm im Übrigen möglich, Anträge auf Erziehungshilfe zu stellen und so auf eine fördernde Erziehung des Kindes Einfluss zu nehmen. Sollte er sich nicht oder nicht hinreichend am Wohl des Kindes orientiert um dessen Belange kümmern, habe das Gericht geeignete Maßnahmen nach § 1666 BGB zu treffen. Eine derartige Prüfung könne nicht durch die Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1674 BGB umgangen werden (vgl. OLG Hamm vom 13.2.1996, OLG Hamm v. 13.2.1996 - 15 W 434/95, FamRZ 1996, 1029). Nicht anders habe es sich im vorliegenden Fall hinsichtlich des Kindesvaters verhalten, so dass die Voraussetzungen des § 1674 BGB auch bereits vor seiner Haftentlassung nicht vorgelegen hätten und das AG deswegen auf den noch nicht beschiedenen Antrag der Kindesmutter weiter zu prüfen habe, ob ihr das Sorgerecht gem. § 1671 BGB ganz oder nur teilweise allein zu übertragen sei.
Das OLG hat das gegen beide Eltern und dritte Personen gerichtete generelle Ausreiseverbot aufgehoben, da es für einen so schwerwiegenden Eingriff in das Elternrecht schon angesichts der fortbestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge keinen Anlass sah.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 06.09.2006, 5 UF 156/06