Leitsatz
Geschiedene Eltern stritten sich um den Umfang des Umgangsrechts des Vaters mit ihrer am 28.11.2003 geborenen Tochter. Der Vater begehrte insbesondere eine Ausweitung einer getroffenen Umgangsvereinbarung auf Übernachtungsbesuche seiner Tochter bei ihm.
Sachverhalt
Der Vater des betroffenen Kindes besaß die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, die Kindesmutter war Deutsche. Die zwischen ihnen am 26.9.2003 geschlossene Ehe wurde in den USA bereits am 15.11.2004 wieder geschieden. Aus der Ehe war eine am 28.11.2003 in den USA geborene Tochter hervorgegangen. Im Oktober 2004 kehrte die Mutter zusammen mit dem Kind nach Deutschland zurück, das seither von ihr betreut wurde. Im Jahre 2006 kam auch der Vater nach Deutschland und hatte seither im Großen und Ganzen regelmäßigen Umgang mit seiner Tochter.
Der Vater war Leiter einer Kindertagesstätte, in der ca. 150 Kinder im Alter von 6 Wochen bis 6 Jahren betreut wurden. Dabei war er nicht nur mit Verwaltungsaufgaben befasst, sondern hatte selbst auch Kinder zu betreuen und zu versorgen, wobei er sich auf die Betreuung unterstützungsbedürftiger Kinder spezialisiert hatte. Darüber hinaus war er Kommandeur einer Reservekompanie, so dass er gelegentlich am Wochenende beruflich bedingt keine Zeit hatte. Er beherrschte nur die englische Sprache, es fiel ihm schwer, sich in deutscher Sprache auszudrücken.
Der Vater verfolgte mit seinem Antrag an das FamG das Ziel, den Umgang mit seiner Tochter auf einen Umgang mit Übernachtung auszuweiten. Die Mutter widersetzte sich diesem Wunsch.
Das erstinstanzliche Gericht wies den Antrag des Kindesvaters auf Ausweitung der Umgangskontakte mit Übernachtungsmöglichkeit zurück. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen auf die bestehenden Verständigungsschwierigkeiten und darauf, dass das Kind, das noch nicht eingeschult sei, bisher noch nicht den Wunsch geäußert habe, bei seinem Vater übernachten zu wollen. Eine persönliche Anhörung des Vaters hielt das erstinstanzliche Gericht nicht für erforderlich, da dieser hinreichend Gelegenheit gehabt habe, sich schriftlich und über das Jugendamt zu äußern. Von der Anhörung des Kindes sei zur Vermeidung von dessen Beunruhigung abgesehen worden.
Gegen den erstinstanzlichen Beschluss legte der Vater Beschwerde ein, die in der Sache weitgehend erfolgreich war.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG lagen im vorliegenden Fall neue Umstände vor, die es rechtfertigten, einen Übernachtungsumgang nach einer Anbahnungszeit anzuordnen.
Nach wie vor hätten die Eltern erhebliche Probleme auf der Paarebene und trotz der langen Trennungszeit immer noch keine Basis gefunden, auf der sie den Umgang einvernehmlich regeln könnten. Die Anhörung habe gezeigt, dass insbesondere die Kindesmutter nicht in der Lage sei, Verständnis für die Situation des Vaters zu zeigen und auf ihn einzugehen. Sie beharre vielmehr auf der von ihr einmal angenommenen Position und kritisiere darüber hinaus das Verhalten des Vaters im Zusammenhang mit dem Umgang, obwohl er sich beinahe vorbildlich verhalte.
Unter dem Spannungsverhältnis der Eltern und dem ihr von der Mutter vermittelten negativen Vaterbild leide die Tochter. So habe sie bei der Anhörung versucht, vom eigentlichen Thema abzulenken, indem sie immer wieder auf andere Themen zurückgekommen sei.
Trotz des elterlichen Konfliktpotentials vertrat das OLG die Auffassung, dass ein Übernachtungsumgang angeordnet werden könne. Seit der letzten Umgangsvereinbarung zwischen den Eltern sei die Tochter zwei Jahre älter geworden. Sie sei inzwischen beinahe 6 Jahre alt. Entgegen der Auffassung der Mutter spreche das Alter nicht gegen die Anordnung einer Übernachtung, sondern dafür, dass ein solcher endlich angeordnet werde, damit die Tochter ihren Vater unter Alltagsbedingungen kennen lernen könne und ihn nicht immer nur in Ausnahmesituationen erlebe.
Die Tochter sei ein aufgewecktes und aufgeschlossenes Kind und habe aufgrund der seit dem Jahre 2006 stattfindenden Umgangskontakte zu ihrem leiblichen Vater inzwischen eine gute Beziehung aufgebaut. Eine Übernachtungssituation sei ihr auch nicht völlig fremd, zumal sie schon mehrmals ohne ihre Mutter bei den Großeltern mütterlicherseits übernachtet habe.
Auch die Fahrzeit zum Vater spreche nicht gegen eine Übernachtung bei ihm.
Die geäußerte Ablehnung des Kindes stehe der Anordnung eines Übernachtungsumgangs ebenfalls nicht im Wege. Hierbei handele es sich nicht um einen eigenständigen Willen, sondern um die Übernahme der Meinung ihrer Mutter. Als Grundlage für ihre Ablehnung habe die Tochter lediglich genannt, dass die Wohnung des Vaters nicht aufgeräumt gewesen sei. Eine lediglich nicht aufgeräumte Wohnung rechtfertige es jedoch nicht, von Übernachtungsbesuchen abzusehen.
Auch das Sprachproblem hielt das OLG für kein gegen eine Übernachtung sprechendes Hindernis.
Das OLG kam zu der Auffassung, dass Übernachtungen der Tochter bei dem Vater an sich sofort möglich wären. Im Hinblick darauf, dass die Mutter jedoch ihr zweites Kind erwarte und nicht ...