Leitsatz

Geschiedene Eltern stritten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitsfürsorge für ihre beiden gemeinsamen Kinder. Die Entscheidung des OLG Brandenburg hat sich ausführlich mit den Kriterien und Voraussetzungen für die Übertragung dieser beiden Teilbereiche der elterlichen Sorge auf einen Elternteil auseinandergesetzt.

 

Sachverhalt

Geschiedene Eheleute stritten um die elterliche Sorge für ihre beiden in den Jahren 2001 und 2003 geborenen Söhne. Beide Kinder lebten seit der Trennung der Eltern im Dezember 2005 in dem Haushalt ihrer Mutter, die zunächst mit ihnen in der Wohnung ihrer Eltern lebte. Im April 2006 verlegte sie ihren Wohnsitz. Anfang Juli 2007 zog sie erneut um.

Im April 2008 trafen die Eltern durch eine vom FamG übernommene Umgangsvereinbarung eine Regelung zu dem Umgang zwischen Vater und Kindern.

Nachdem es hinsichtlich der Ausübung des Umgangsrechts zu Differenzen gekommen war, beantragte der Vater zunächst beim FamG die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder auf ihn. Letztendlich haben in diesem Verfahren beide Eltern beantragt, ihnen die gesamte elterliche Sorge für die Kinder allein zu übertragen.

Das FamG hat daraufhin die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und schließlich der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitsfürsorge für beide Kinder allein übertragen und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen. Hiergegen wandte sich der Vater mit der Beschwerde, die keinen Erfolg hatte.

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, das zu Recht das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitsfürsorge für die beiden Kinder der Mutter allein übertragen habe.

Die getroffene Regelung entspreche dem Wohl der Kinder am besten.

Bei der Frage, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge in dem Teilbereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts und die Übertragung der Wahrnehmung dieses Bereichs auf einen Elternteil dem Wohl der Kinder am besten entspreche, seien insbesondere der Förderungsgrundsatz, der Kontinuitätsgrundsatz, der Wille der Kinder sowie die Bindung der Kinder an beide Elternteile und etwa vorhandene Geschwister zu beachten.

Bei einer nach diesen Kriterien vorgenommenen Prüfung kam das OLG zu dem Ergebnis, dass die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter dem Kindeswohl am besten entspreche. Dies stehe in Einklang mit den Empfehlungen der Sachverständigen in deren Gutachten vom 30.1.2009 und der Stellungnahme des Jugendamtes.

Auch der Förderungsgrundsatz spreche eher für die Mutter.

Allerdings seien die tatsächlichen Betreuungsmöglichkeiten bei beiden Elternteilen gleichermaßen gegeben. Bei beiden würden die Kinder ausreichende und kindgerechte Wohnverhältnisse vorfinden. Die Erziehungsmöglichkeiten seien weder beim Vater im Hinblick auf seine Erwerbstätigkeit noch bei der Mutter im Hinblick auf ihr Studium über das normale Maß hinaus eingeschränkt.

Allerdings komme der Mutter bei der Erziehungsfähigkeit ein gewisser Vorrang zu. Die Sachverständige habe aufgrund von Interaktionsbeobachtungen nachvollziehbar festgestellt, dass die Mutter eine strukturiertere Erziehung biete und den Kindern dadurch Halt gebe. Dies betreffe insbesondere die Frage, wie oft sich die Kinder am Computer aufhalten dürften. Beide Kinder hätten nicht nur ggü. der Verfahrenspflegerin, sondern auch anlässlich ihrer Anhörungen angegeben, sie dürften beim Vater viel häufiger am Computer spielen als bei der Mutter. Die Mutter stelle insoweit klarere Regeln auf und lasse die Kinder den Computer nur kontrolliert nutzen und sie lieber draußen spielen. Wenn der Vater sie insoweit unkontrolliert Computer spielen lasse, sei dies ein Anzeichen für seine Nachgiebigkeit.

Beiden Eltern sei an der Förderung der Kinder gelegen, beide seien auch um das gesundheitliche Wohlergehen besorgt. Beide hätten sich mit den gesundheitlichen Problemen eines der Kinder intensiv beschäftigt. Ein nachlässiges Verhalten hierzu könne keinem Elternteil zum Vorwurf gemacht werden. Allerdings führten die Kommunikationsprobleme in diesem Bereich zur Notwendigkeit der Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge insoweit.

Zugunsten der Mutter spreche auch eine bei ihr vorhandene höhere Bindungstoleranz. Ihre Bereitschaft, regelmäßig Umgangskontakte des Vaters mit den Kindern nicht nur zu dulden, sondern sie auch selbst zu fördern, zeige sich bereits daran, dass sie sich an der Gewährleistung des Umgangs aktiv beteilige, indem sie beide Kinder jeweils am Ende des Umgangswochenendes bei dem Vater in dessen Wohnung in einem über 300 km entfernten Ort abhole. Diese Aufgabe habe sie verbindlich übernommen, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein.

Dieser Umstand und andere zugunsten der Mutter sprechende Punkte machten aus der Sicht des OLG deutlich, dass sie ggü. dem Umgang des Vaters mit den Kindern eine tolerante Haltung einnehme und darüber hinaus in ihrem Verhalten erkennen lasse, dass sie den Antragsteller in seiner R...

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