Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 28 Abs. 1 WEG, § 16 Abs. 2 WEG
Kommentar
1. Dem Erfordernis einer Beschlussfassung über die Wohngeldvorauszahlungspflicht jedes einzelnen Wohnungseigentümers kann ausnahmsweise noch genügt sein, wenn die Auswirkungen der Veränderungen einzelner Posten des vom Verwalter vorgeschlagenen Wirtschaftsplans auf die Vorauszahlungspflicht des einzelnen Eigentümers durch den Eigentümerbeschluss in einer Weise bestimmt werden, dass die zweifelsfreie betragsmäßige Festlegung ohne weiteres durch einfache Rechenvorgänge möglich ist.
Grundsätzlich entstehen Wohngeldzahlungspflichten erst nach Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung, den Wirtschaftsplan oder eine Sonderumlage; erst durch einen solchen Beschluss wird die konkrete Zahlungspflicht des einzelnen Eigentümers verbindlich festgelegt (h.R.M., z.B. BayObLG, WE 97, 265/266). Beim Wirtschaftsplan sind nicht nur die Aufstellung der Gesamteinnahmen und -ausgaben, sondern insbesondere auch die in § 28 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WEG verlangten Angaben, also der Verteilungsschlüssel und die einzelnen Beitragsleistungen, von Bedeutung. Erst durch einen Eigentümerbeschluss über die jeden einzelnen Eigentümer treffende Zahlungspflicht wird die Wohngeldschuld fällig (BayObLG, NJW-RR 91, 1360/1361). Gibt es bisher nur ein Schreiben der Verwaltung mit einer Wohngeldaufstellung nach neuem Wirtschaftsplan, bestehen im vorliegenden Fall noch Zweifel an einer die Zahlungspflicht der einzelnen Eigentümer begründenden Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan. Die dem LG hier vorgelegten Unterlagen reichen nicht aus, um eine Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan festzustellen. Der hier vom Verwalter vorgelegte Entwurf eines "globalen Wirtschaftsplans" sollte noch lt. Protokoll in mehreren Punkten geändert werden. Hier bedarf es neuerlicher Feststellungen im Vergleich der ursprünglichen mit den neu erstellten Wirtschaftsplänen. Der Versammlungsniederschrift war auch hier nicht zu entnehmen, ob zugleich über Einzelwirtschaftspläne abgestimmt worden sei, oder ob die Beschlussfassung auch die Genehmigung der Einzelwirtschaftspläne beinhaltet habe.
Auch wenn ein Eigentümerbeschluss grundsätzlich die Zahlungspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers betragsmäßig ausweisen müsste, genüge es ausnahmsweise, dass der geschuldete Betrag von den Wohnungseigentümern ohne weiteres selbst errechnet werden könne (BayObLG, WE 97, 265/266 und 91, 166/167 sowie Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Auflage, § 28 Rn. 5). Dies gelte insbesondere für den Wirtschaftsplan (vgl. auch BayObLG, WE 97, 269 und NJW- RR 19, 1107/1108; Demharter, WM 90, 97/98).
Da hier noch weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich seien, wurde die Streitsache an das LG zurückverwiesen.
2. Ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss (wie hier) kann auch verbindliche Vorgaben für die Neuaufstellung eines Wirtschaftsplans durch den Verwalter zu einzelnen Posten enthalten. Dies gilt auch für etwaige Kostenbeteiligung eines Bauträger-Verkäufers für von ihm noch nicht gänzlich fertig gestellte und übergebene Einheiten. Ein solcher Beschluss kann auch bestandskräftig geworden sein und den Bauträger-Verkäufer zu voller Wohngeldvorauszahlung verpflichtet haben, selbst in Abweichung einer insoweit getroffenen Vereinbarung (hier des Inhalts: "Die nicht bezugsfertigen Raumeinheiten, die noch im Eigentum des Bauträgers stehen, werden zu der Zahlung des Hausgeldes erst ab Bezugsfertigkeit herangezogen"). Vielleicht sollte hier der Bauträger auch insoweit hinsichtlich noch nicht übergebener und fertig gestellter Wohnungen nur von verbrauchsabhängigen Kosten freigestellt werden. Nichtigkeit eines solchen vereinbarungsersetzenden Mehrheitsbeschlusses wäre im Übrigen nicht anzunehmen (vgl. dazu BayObLGZ 96, 256/257 m.w.N.).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 22.01.1998, 2Z BR 114/97)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung