Leitsatz
Nach massiven Streitigkeiten zwischen den Eltern hatte der Kindesvater der Kindesmutter 21 Stichverletzungen zugefügt, an denen sie verstarb. Das gemeinsame minderjährige Kind wurde noch am Tattag vom Jugendamt in Obhut genommen, dem Kindesvater wurde die elterliche Sorge entzogen. Im Übrigen wurde ein Amtsvormund bestellt. Im Beschwerdeverfahren ging es primär um die Frage, welche Bedeutung dem ursprünglich sorgeberechtigten Vaters bei der Auswahl eines Vormundes für das Kind beizumessen ist.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer hatte mit der Kindesmutter nichtehelich zusammengelebt. Aus der Beziehung war ein gemeinsames Kind hervorgegangen. Die Eltern lebten von Juli 2006 bis November 2006 zusammen. Während dieser Zeit stand die Kindesmutter in ständigem Kontakt mit einer Jugendhilfeeinrichtung, da sie aufgrund unüberbrückbarer Differenzen mit ihren geschiedenen Eltern bereits seit November 2003 in einer Jugendhilfeeinrichtung gelebt hatte.
Der Beschwerdeführer hatte Schwierigkeiten, die im November 2006 von der Kindesmutter vollzogene Trennung zu akzeptieren. Einerseits kam es immer wieder zu Annäherungen, andererseits auch zu heftigen Streitigkeiten.
Am 11.5.2007 eskalierte ein Streit in der Wohnung der Kindesmutter so massiv, dass sie in ungeklärter Absicht mit einem Messer auf den Beschwerdeführer zuging, dem es gelang, ihr das Messer zu entwinden. Nach eigenen Bekundungen geriet er völlig außer sich und brachte der Kindesmutter 21 Stichverletzungen bei, an denen diese verstarb. Während des gesamten Geschehens war das gemeinsame minderjährige Kind in der Wohnung. Der Beschwerdeführer selbst rief unmittelbar nach der Tat die Polizei an und wurde inhaftiert. In der Folgezeit wurde gegen ihn Anklage wegen Totschlags erhoben.
Das minderjährige Kind wurde noch am 11.5.2007 vom Jugendamt in Obhut genommen und zunächst in einer Bereitschaftspflegefamilie, sodann in einer Pflegefamilie untergebracht.
Mit Beschluss vom 8.8.2007 entzog das FamG dem Vater die elterliche Sorge und ordnete eine Amtsvormundschaft an.
Gegen den Beschluss legte der Kindesvater Beschwerde ein, der bereits unmittelbar nach seiner Haftunterbringung den Wunsch geäußert hatte, dass das Kind in seiner Familie betreut werden solle. Sein älterer Halbbruder und dessen Frau (die Beteiligten zu 3) und 4)) seien bereit und in der Lage, sich seines Sohnes anzunehmen. Die Verfahrenspflegerin hatte sich in dem familiengerichtlichen Verfahren für die Unterbringung des Sohnes in einem neutralen Umfeld ausgesprochen. Auch das Jugendamt befürwortete den Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie.
Die Beschwerde des Vaters gegen die Entziehung der elterlichen Sorge hatte keinen Erfolg, bezüglich der Auswahl des Vormunds hielt das OLG die Beschwerde für begründet.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG hatte das FamG im Ergebnis zu Recht dem Vater die elterliche Sorge entzogen, weil er zumindest derzeit nicht in der Lage sei, die elterliche Sorge für seinen Sohn auszuüben. Er habe - dies werde von ihm auch nicht bestritten - durch massive Gewaltanwendung den Tod der Mutter des Kindes verursacht, dass das Geschehen habe miterleben müssen. Ungeachtet der strafrechtlichen Beurteilung der Tat sei durch die Anwesenheit des Kindes das Kindeswohl ganz erheblich beeinträchtigt worden. Dies zeige sich auch daran, dass der Sohn in den Tagen nach der Tat ein äußerst verängstigtes Verhalten gezeigt habe. Es könne nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden, dass das seelische Gleichgewicht des Kindes durch das Verhalten des Vaters ganz erheblich gestört worden sei. Bei einer Verletzung des Kindeswohls, für das ein bestimmtes nachteiliges Verhalten des Elternteils als Ursache feststehe, komme es für die Frage des Sorgerechtsentzuges nicht auf den Grad der persönlichen Vorwerfbarkeit an (OLG Hamm FamRZ 1996, 1029-1031). Es bestehe daher kein Anlass, die Entscheidung über den Sorgerechtsentzug vom Ausgang des Strafverfahrens abhängig zu machen.
Das Verhalten des seit Monaten konstant suizidgefährdeten Kindesvaters rechtfertige den sicheren Schluss, dass er nicht dazu in der Lage sei, ein Kleinkind zu versorgen. Seine Vorstellung, den Sorgerechtsentzug bis zum Ende der Strafhaft zu befristen, finde keine Stütze im Gesetz. Gemäß § 1696 Abs. 2 BGB seien Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr bestehe. Dies setze eine positive Überprüfung der aktuellen Umstände voraus. Die Entwicklung eines Kindes und seiner Bedürfnisse sei nicht vorhersagbar. Ebenso wenig könne prognostiziert werden, wie sich die Erziehungsfähigkeit von Eltern entwickle. Ein Sorgerechtsentzug könne daher nur bei Vorliegen eines konkreten Anlasses und nach sorgfältiger Überprüfung rückgängig gemacht werden; die Möglichkeit eines gleichsam automatischen Auflebens der elterlichen Sorge beim ursprünglich Berechtigten sei aus guten Gründen bei vorhergehendem Sorgerechtsentzug im Gesetz nicht vorgesehen (Diederichsen, in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzb...