Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Im besonderen Teil der Vorschriften über die Ermittlung des Grundbesitzwerts des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ergeben sich nach §§ 169 ff. BewG noch besondere Bewertungs- und Abgrenzungsvorschriften, insbesondere für die Einbeziehung der Tierbestände, der umlaufenden Betriebsmittel und der übrigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen.
4.4.1 Einbeziehung der Tierbestände
Tierzucht und Tierhaltung kann nur dann zur Landwirtschaft gehören, wenn sie im Zusammenhang mit einer Bodenbewirtschaftung und einer eigenen Futtergrundlage betrieben wird oder betrieben werden könnte. Dazu ist der Tierbestand in sog. Vieheinheiten umzurechnen und mit der Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche zu vergleichen. Übersteigen die ermittelten Vieheinheiten den Betrag, der sich für die vom Inhaber des Betriebs regelmäßig für landwirtschaftliche Zwecke genutzten Fläche ergibt, liegt insoweit eine gewerbliche Tierzucht vor.
Übersteigt die Anzahl der Vieheinheiten nachhaltig die maßgebliche Grenze, gehören nur die Zweige des Tierbestands zur landwirtschaftlichen Nutzung, deren Vieheinheiten zusammen diese Grenze nicht überschreiten. Zunächst sind mehr flächenabhängige Zweige des Tierbestands und danach weniger flächenabhängige Zweige des Tierbestands zur landwirtschaftlichen Nutzung zu rechnen, die Abgrenzung erfolgt über die Anlage 20 zum BewG. Innerhalb jeder dieser Gruppen sind zuerst Zweige des Tierbestands mit der geringeren Anzahl von Vieheinheiten und dann Zweige mit der größeren Anzahl von Vieheinheiten zur landwirtschaftlichen Nutzung zu rechnen. Der Tierbestand des einzelnen Zweigs wird nicht aufgeteilt. Als Zweig des Tierbestands gilt bei jeder Tierart für sich das Zugvieh, das Zuchtvieh (soweit die erzeugten Jungtiere überwiegend zum Verkauf bestimmt sind), das Mastvieh und das übrige Nutzvieh.
4.4.2 Umlaufende Betriebsmittel
Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört nach § 158 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BewG der normale Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln. Dies wird durch Satz 2 der Vorschrift konkretisiert, nach dem als normaler Bestand der Bestand gilt, der zur gesicherten Fortführung des Betriebs erforderlich ist.
Es gelten in Abhängigkeit der Art des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs jedoch noch folgende Besonderheiten:
- Bei landwirtschaftlichen Betrieben zählen die umlaufenden Betriebsmittel nur soweit zum normalen Bestand, als der Durchschnitt der letzten 5 Jahre nicht überschritten wird.
- Bei forstwirtschaftlicher Nutzung gehört eingeschlagenes Holz zum normalen Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln, soweit es den jährlichen Nutzungssatz nicht übersteigt. Bei Betrieben, die nicht jährlich einschlagen (aussetzende Betriebe), tritt an die Stelle des jährlichen Nutzungssatzes ein den Betriebsverhältnissen entsprechender mehrjähriger Nutzungssatz (§ 171 BewG).
- Bei weinbaulicher Nutzung zählen bei ausbauenden Betrieben die Vorräte an Weinen aus den Ernten der letzten 5 Jahre vor dem Bewertungsstichtag zum normalen Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln. Abschläge für Unterbestand an Weinvorräten sind nicht zu machen.
Übersteigende Bestände an umlaufenden Betriebsmitteln nicht mit Grundbesitzwert abgegolten
Bestände an umlaufenden Betriebsmitteln, die über diesen Grenzen liegen, sind nicht mit dem Grundbesitzwert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs abgegolten und müssen separat (mit dem gemeinen Wert) bewertet werden.
4.4.3 Die übrigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen
§ 175 BewG definiert die übrigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen (Sondernutzungen und sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzungen). Die Vorschrift dient der Abgrenzung von der landwirtschaftlichen Nutzung und ermöglicht eine bessere Ermittlung der einschlägigen Wirtschaftswerte, da bei Sondernutzungen sowohl hinsichtlich der Erträge als auch der Aufwendungen besondere Verhältnisse vorliegen. Dabei stellen die genannten Tätigkeiten jeweils eine Nutzung für sich dar.
Nach § 175 BewG sind die Sondernutzungen und die sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen zu unterscheiden:
- Zu den Sondernutzungen gehören Hopfen, Spargel, Tabak und andere Sonderkulturen.
- Zu den sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen gehören insbesondere: Binnenfischerei, Teichwirtschaft, Fischzucht für Binnenfischerei und Teichwirtschaft, Imkerei, Wanderschäferei, Saatzucht, Pilzanbau und die Produktion von Nützlingen.