Zusammenfassung
Nießbrauchsgestaltungen nehmen in der Beratungspraxis einen hohen Stellenwert ein. Der Nießbrauch eignet sich zum einen hervorragend zur Altersabsicherung, häufig wird aber auch der überlebende Ehegatte mit einem Nießbrauch (Vermächtnisnießbrauch) abgesichert.
Ein Nießbrauch kann an einer Sache (§§ 1030 – 1067 BGB), an einem Recht (§§ 1068 – 1084 BGB) oder an einem Vermögen (§§ 1085 – 1089 BGB) bestellt werden. Als häufigster Anwendungsfall ist der Nießbrauch an einer Sache anzusehen und hier an einem Grundstück. Weiterer wichtiger Anwendungsfall ist der Nießbrauch an Anteilen an Personengesellschaften bzw. Kapitalgesellschaftsanteilen. Die weiteren Ausführungen in diesem beitrag beziehen sich schwerpunktmäßig auf den Nießbrauch an Grundstücken.
Steuerrechtlich kann ein Nießbrauch einerseits aus einkommensteuerlichen Gründen empfehlenswert sein, da mit diesem eine Einkünfteverlagerung auf nahe Angehörige (z. B. die Kinder) erreicht werden kann. Dies führt letztendlich zu einer Milderung der Steuerprogression und der besseren Ausnutzung der Freibeträge (insbesondere des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 EStG, der für 2025 12.096 EUR beträgt und für 2026 auf 12.348 EUR erhöht wurde).
Aber auch erbschaftsteuerlich bietet der Nießbrauch Vorteile. So ist der Nießbrauch mit dem Kapitalwert anzusetzen. Und dieser kann niedriger als das nießbrauchsbelastete Wirtschaftsgut selbst sein. Verstirbt die berechtigte Person, so löst dies keine erbschaftsteuerlichen Folgen aus. Ergeben sich nach der Vermögensübertragung (unter Nießbrauchvorbehalt) Wertsteigerungen, dann entstehen hieraus keine erbschaftsteuerlichen Belastungen.
Durch die Streichung des § 25 ErbStG kann der Kapitalwert der Nießbrauchsbelastung ab 2009 uneingeschränkt abgezogen werden. Für Erbfälle bzw. Schenkungen vor dem 1.1.2009 ist die Vorschrift weiterhin zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Ablösung der gestundeten Steuer.
Die zivilrechtlichen Regelungen finden sich in den §§ 1030-1089 BGB.
Wird einer Person der Nießbrauch zu Lebzeiten unentgeltlich eingeräumt, dann erfüllt dies als Schenkung unter Lebenden den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Erhält eine Person den Nießbrauch von Todes wegen, unterliegt dies als Erwerb von Todes wegen dem § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.
Zu den Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bei Verschaffung einer Gesamtgläubigerstelltung bezüglich eines Nießbrauchsrechts an den anderen Ehegatten ist das BFH, Urteil v. 8.6.2021 zu beachten.
Die entsprechenden Verwaltungsanweisungen sind u. a. in R E 25 ErbStR 2019 und H E 25 ErbStH 2019, in R E 23 ErbStR 2019 und H 23 ErbStH 2019 sowie in R E 13d ErbStR 2019 und H 13d ErbStH 2019 enthalten. Zu beachten ist auch das BMF-Schreiben v. 9.12.2024, in welchem die ab dem 1.1.2025 geltenden Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen bekannt gemacht wurden.
1 Zivilrecht
1.1 Allgemeines
Der Nießbrauch zählt zu den Dienstbarkeiten und ist in den §§ 1030 – 1089 BGB geregelt.
Nach § 1030 BGB kann eine Sache in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen zu ziehen.
Bei einem Nießbrauch erfolgt eine Trennung von Eigentum und Nutzungsrecht.
Beispiel 1
Großmutter GM wendet ihrem Enkel E im Dezember 2023 ein vermietetes Mietwohngrundstück zu. Gleichzeitig hat E seiner Mutter M den Nießbrauch an diesem Grundstück zu bestellen.
Neuer Eigentümer des Grundstücks ist nunmehr Enkel E. Dagegen steht der Mutter mit Einräumung des Zuwendungsnießbrauchs das Nutzungsrecht an dem Grundstück zu, d. h., sie erhält von diesem den Besitz und die Erträge.
Die Bestellung eines Nießbrauchs an einer beweglichen Sache erfolgt durch Einigung und Übergabe (§ 1032 BGB) und bei einem Grundstück durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch (§ 873 BGB).
Soll ein Nießbrauch an dem Vermögen einer Person bestellt werden, so ist dies nur in der Weise möglich, dass der Nießbraucher den Nießbrauch an den einzelnen zu dem Vermögen gehörenden Gegenständen erlangt (§ 1085 BGB).
Dem Nießbraucher obliegt die Pflicht, für die Erhaltung der Sache zu sorgen (§ 1041 Satz 1 BGB).
Bei der Ausübung des Nießbrauchsrechts hat der Nießbraucher die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu verfahren.
Von den laufenden Unterhaltskosten hat dieser nur die gewöhnlichen zu tragen (§ 1041 Satz 2 BGB).
Darüber hinaus hat der Nießbraucher die Versicherung für die Sache zu tragen (§ 1045 BGB) sowie die öff...