Ein Erbvertrag sowie eine einzelne vertragsmäßige Verfügung können einvernehmlich von den Parteien des Erbvertrags zu Lebzeiten aufgehoben werden (§ 2290 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt auch, soweit in dem Erbvertrag nicht der Vertragspartner, sondern ein Dritter vertragsmäßig bedacht ist. Auf die Mitwirkung des Bedachten kommt es nicht an, da dieser aus der vertragsmäßigen Zuwendung zu Lebzeiten des Erblassers keine Rechte herleiten kann. Die Aufhebung kann im Übrigen konkludent erfolgen, also etwa durch Errichtung eines neuen formwirksamen Erbvertrages mit abweichendem Inhalt. Dass zusammen mit den erbvertraglich bindenden Verfügungen auch etwaige einseitige Verfügungen vertraglich aufgehoben werden können, ergibt sich aus § 2299 Abs. 2 Satz 2 BGB.
4.1.1 Formerfordernis
Der Aufhebungsvertrag bedarf der im § 2276 BGB für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form (§ 2290 Abs. 4 BGB). Aus § 2290 Abs. 4 BGB lässt sich folgern, dass der Aufhebungsvertrag nicht ohne weiteres Erbvertrag ist, denn sonst wäre diese gesonderte Formvorschrift überflüssig. Wenn die Aufhebung eines Erbvertrags nicht ausnahmsweise durch einen neuen Erbvertrag erfolgt, dann hat der Notar den Aufhebungsvertrag nicht als solchen zu behandeln, diesen also insbesondere nicht besonders amtlich zu verwahren. Wenn erbvertraglich vereinbarte Vermächtnisse oder Auflagen oder Erbverträge zwischen Ehegatten aufgehoben werden sollen, bedarf es nicht zwingend der öffentlichen Beurkundung, vielmehr genügt in den Fällen der Aufhebung vertraglicher Vermächtnisse und Auflagen die Aufhebung durch Testament des Erblassers, wenn der Vertragspartner seine notariell zu beurkundende Zustimmung erteilt (§ 2291 BGB). Im Fall des Ehegattenerbvertrags kann die Aufhebung durch gemeinschaftliches Testament der Ehegatten erfolgen (§ 2292 BGB).
4.1.2 Handlungsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit und Vertretung
Der Erblasser muss beim Abschluss des Aufhebungsvertrags handlungsfähig und geschäftsfähig sein und darf sich beim Vertragsschluss nicht vertreten lassen (§ 2290 Abs. 2 BGB), sondern muss den Vertrag persönlich schließen. Aus der gesetzlichen Regelung folgt im Umkehrschluss, dass der andere Vertragsteil, der nicht selbst Erblasser ist, sich vertreten lassen kann. Auch der andere Vertragsteil muss handlungsfähig, aber darüber hinaus geschäftsfähig sein. Soweit die Aufhebung vom Aufgabenkreis seines/ihres Betreuers erfasst wird, ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich (§ 2290 Abs. 3 BGB).
4.1.3 Die Wirkung des Aufhebungsvertrags
Wenn der gesamte Erbvertrag durch Vertrag aufgehoben wird, so tritt regelmäßig die einseitige Verfügung außer Kraft, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, § 2299 Abs. 3 BGB. Die Aufhebung kann auch lediglich einen Teil der erbvertraglichen Verfügungen erfassen oder die Beseitigung der vertraglichen Bindung zum Gegenstand haben, sodass die Verfügung teilweise bzw. als einseitige bestehen bleibt. Es empfiehlt sich folglich eine unmissverständliche Regelung bezüglich der von den Parteien gewünschten Wirkung des Aufhebungsvertrags.
Die Urschrift des aufgehobenen Vertrages wird grundsätzlich zusammen mit dem Aufhebungsvertrag weiter bei dem Notar verwahrt. Die Rückgabe erfolgt, anders als nach § 2300 Abs. 2 BGB, nicht automatisch.
4.1.4 Die Anfechtung des Aufhebungsvertrags
Der Aufhebungsvertrag kann wiederum angefochten werden. Diesbezüglich ist jedoch im Schrifttum umstritten, ob insofern nur die allgemeinen Anfechtungsvorschriften gelten oder auch die §§ 2281, 2078 f. BGB. Die Autoren unterscheiden danach, ob der Erblasser bzw. ein Erbinteressent oder der Vertragsgegner anficht, der nicht zugleich als Erblasser verfügt hat. Erstere sollen nach §§ 2281, 2078 f. BGB anfechten können, letztere nur nach § 119 BGB. Wenn der Erblasser nur nach § 119 BGB anfechten könnte, so würde das Anfechtungsrecht des Erbinteressenten nach dessen Tod gem. §§ 2080, 2078 f. BGB wesentlich weiter reichen als das des Erblassers. Andererseits kommt der Anfechtung des Aufhebungsvertrages aufgrund der erneut uneingeschränkten Testierfreiheit des Erblassers nur noch eingeschränkte Bedeutung zu. Eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages ist allerdings insbesondere dann noch interessant, wenn der Aufhebungsvertrag mit einem Abfindungsvertrag kombiniert wurde. Letzterer teilt bei der Anfechtung nach § 139 BGB das Schicksal des Ersten.
Mit der Anfechtung des Aufhebungsvertrages hat der ursprüngliche Erbvertrag weiterhin Bestand.