Leitsatz

Die Antragstellerin in einem Scheidungsverfahren hat im Termin zur Anhörung der Parteien und nach Antragstellung Prozesskostenhilfe beantragt und dem Gericht eine unvollständige und mehrdeutige Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse überreicht. Das Gericht hat diese Unterlagen ohne jedes Präjudiz und unter dem Vorbehalt der späteren Sachprüfung entgegengenommen. Die Antragstellerin hat sodann zu Protokoll erklärt, die fehlenden Belege bis spätestens 29.4.2005 nachreichen zu wollen. An diesem Tage ließ die Antragstellerin dem Gericht diverse kaum leserliche Fotokopien zukommen, konkrete Angaben wurden nicht gemacht. Das FamG hat daraufhin den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, die erforderlichen Unterlagen seien unvollständig und erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen.

Hiergegen legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde ein, die im Ergebnis ohne Erfolg blieb.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, Prozesskostenhilfe dürfe nur für ein bevorstehendes oder laufendes Verfahren bewilligt werden. Voraussetzung für eine Bewilligung noch nach Abschluss des Verfahrens sei, dass der Bewilligungsantrag während des Verfahrens zu einem Zeitpunkt, zu dem noch Gebühren anfallen konnten, gestellt werde. Gestellt werden müsse ein Antrag so, dass über ihn auch beschieden werden könne. Dies sei grundsätzlich nur dann der Fall, wenn ihm die vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die in § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO vorgesehenen Belege beigefügt würden.

Fehle es an einer dieser Voraussetzungen, lägen also z.B. die gem. § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO vorgesehenen Belege nicht vor, müsse ggf. hierüber im Rahmen einer Schätzung und mit den ansonsten glaubhaft gemachten Angaben entschieden werden. Das OLG erwog insoweit eine analoge Anwendung der §§ 60 - 62, 65 und 67 SGB I. Hierdurch solle der strengen Regelung von § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO die Schärfe genommen werden, da nach Auffassung des OLG bei einer ausreichenden Entschuldigung für die nicht rechtzeitige Vorlage von erforderlichen Belegen die nachträgliche Einreichung gerichtlich angeordnet und akzeptiert werden könne.

Eine schlichte Fristsetzung sei allerdings ungeeignet, weil dadurch das Unterlassen rechtzeitiger Vorlage praktisch ohne Rechtsfolge bliebe.

Im Übrigen seien bei der Prüfung der Erfolgsaussichten des Prozesskostenhilfeantrages auch die Voraussetzungen eines vorrangig zu beachtenden Prozesskostenvorschusses mit einzubeziehen. Ein solcher Prozesskostenvorschuss stelle einen Vermögenswert i.S.v. § 115 Abs. 2 ZPO dar. Aus diesem Grunde sei für einen ordnungsgemäßen Antrag auf Prozesskostenhilfe auch erforderlich, darzulegen, dass der Antragsteller außerstande sei, die Prozesskosten im Wege eines durchsetzbaren Prozesskostenvorschussanspruchs zu realisieren.

 

Hinweis

Bei der Antragstellung im Prozesskostenhilfeverfahren ist nach dieser Entscheidung auch weiterhin darauf zu achten, dass der Antrag rechtzeitig vor Ende der mündlichen Verhandlung gestellt werden muss. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Antrag vollständig und eindeutig ausgefüllt und unterschrieben und mit sämtlichen erforderlichen Belegen i.S.v. § 117 Abs. 2 ZPO versehen sein muss.

Können Belege nicht rechtzeitig vorgelegt werden, muss die antragstellende Partei hierfür eine ausreichende Entschuldigung vortragen. Nur dann wird das Nachreichen dieser Belege vom Gericht akzeptiert werden. Ferner muss dargelegt und ausgeführt werden, dass ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss nicht besteht bzw. nicht zu realisieren ist.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.07.2006, 16 WF 37/06

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