Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren des biologischen Vaters für das beklagte Kind ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist.
Sachverhalt
In einem von dem biologischen Vater geführten Vaterschaftsanfechtungsverfahren - die Vaterschaft war am 7.7.2005 von ihm anerkannt worden - war für das betroffene Kind eine Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis "Vertretung des Kindes im Abstammungsverfahren" eingerichtet und als Pfleger das Jugendamt bestellt worden.
Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass die Ergänzungspflegschaft gemäß § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlich gewesen sei, da die Kindeseltern das Kind in dem Abstammungsverfahren nicht vertreten könnten. In dem Abstammungsverfahren seien die Beschwerdeführer als Mutter und der (Schein-)Vater beteiligt i.S.d. § 172 FamFG mit eigenen Interessen und könnten daher nicht gleichzeitig auf der anderen Seite auch noch das ebenfalls verfahrensbeteiligte Kind gesetzlich vertreten. An dieser Beurteilung ändere auch der Umstand nichts, dass es keine Prozessparteien im formalen Sinne mehr gebe.
Die Mutter des betroffenen Kindes und ihr Ehemann, den sie am 16.4.2010 geheiratet hatte und der die Vaterschaft für das betroffene Kind am 19.4.2010 anerkannt hatte, legten gegen den Beschluss über die Bestellung der Ergänzungspflegschaft sofortige Beschwerde ein u.a. mit der Begründung, durch die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft werde in das grundrechtlich geschützte Elternrecht eingegriffen.
Das AG - dort der Rechtspfleger - hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Zwar sei die Beschwerde statt beim AG beim OLG eingereicht worden, doch sei die Rechtsmittelbelehrung insoweit fehlerhaft, so dass dies unschädlich sei. Durch die fehlerhafte Belehrung sei die Rechmittelfrist nicht wirksam in Lauf gesetzt worden.
Mit Verfügung vom 3.8.2010 hat das OLG darauf hingewiesen, dass die Beschwerde bisher nicht wirksam und nicht in der Monatsfrist beim AG eingelegt worden sei, im Hinblick auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des AG komme jedoch ein Wiedereinsetzungsantrag in Betracht.
Unter dem 13.8.2010 haben die Beschwerdeführer Beschwerde beim AG eingelegt und gleichzeitig den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
Das OLG hat den Beschwerdeführern Wiedereinsetzung gewährt, die Beschwerde jedoch als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidung
In seiner Begründung hat das OLG ausgeführt, das AG habe zu Recht für das Kind einen Ergänzungspfleger zu seiner Vertretung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren gemäß § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB bestellt.
Wie das AG zutreffend ausgeführt habe, ergebe sich ein Vertretungsausschluss aus §§ 1629 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Zwar gelte diese Regelung nach ihrem Wortlaut und früherer wie auch heutiger Auffassung nach nur für Rechtsstreitigkeiten, wovon nach bisherigem Recht Zivilprozesse und echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfasst worden seien, nicht aber sonstige Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Nach Inkrafttreten des FamFG sei unklar, ob die Vorschrift nunmehr auf alle Familiensachen nach § 111 FamFG anwendbar sei. Letztendlich könne diese Frage jedoch offen bleiben. Aus der Reform des Familienverfahrensrechts sei jedenfalls nicht zu ersehen, dass die bisher unstreitig der Regelung des § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB unterfallenden Rechtsstreitigkeiten dessen Geltungsbereich entzogen werden sollten.
Dies gelte jedenfalls für das hier in Rede stehende Abstammungsverfahren, das allein durch die Qualifizierung im neuen Verfahrensrecht nicht mehr Familienstreitsache sei. Materiell bleibe es aber ein echtes Streitverfahren, das sich durch einen Interessengegensatz der Beteiligten auszeichne. Das Anfechtungsverfahren sei weiterhin als Rechtsstreit i.S.d. § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB zu qualifizieren. Aus der Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 1629 Abs. 2a BGB auf Verfahren nach § 1598a BGB lasse sich, wie das AG ebenfalls richtig ausgeführt habe, nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Vorschrift belege vielmehr, dass der Gesetzgeber wegen des Interessengegensatzes in allen Abstammungsverfahren einen Vertretungsausschluss des Sorgeberechtigten für angemessen halte.
Auch das OLG kam zu dem Ergebnis, dass gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 3 und 1 BGB betreffend den (Schein-)Vater auch gemäß § 1795 Abs. 2 i.V.m. § 181 BGB eine Ergänzungspflegschaft für das Kind anzuordnen sei. Eine solche sei auch nicht im Hinblick auf eine etwaige vorrangige Bestellung eines Verfahrensbeistandes entbehrlich. Ein Verfahrensbeistand könne zwar einen Interessengegensatz zwischen dem von ihm vertretenen Kind und dem seiner gesetzlichen Vertreter abmildern, sei jedoch nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes. Er könne weder rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben noch entgegennehmen und habe auch keine Zustellungsvollmacht.
In der Bestellung der Ergänzungspflegschaft mit dem genannten Aufgabenkreis liege keine stillschweigende Entziehung des Sorgerechts der Elte...