Entscheidungsstichwort (Thema)
Ergänzungspflegschaft: Vertretung eines Kindes in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Vertretung des Kindes in einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren des biologi-schen Vaters bedarf es der Bestellung eines Ergänzungspflegers für das beklagte Kind.
Normenkette
BGB § 1629 Abs. 2, § 1795 Abs. 1 Nr. 1, § 1795 Nr. 3; FamFG §§ 174, 158, 17
Verfahrensgang
AG Erkelenz (Beschluss vom 17.06.2010) |
Nachgehend
Tenor
Auf ihren Antrag wird den Beschwerdeführern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Erkelenz vom 17.6.2010 gewährt.
Die Beschwerde vom 5.7.2010 gegen den vorgenannten Beschluss wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 2.000 EUR.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist die Mutter des betroffenen Kindes; der Beschwerdeführer ist nach Eheschließung am 16.4.2010 mit der Kindesmutter (wegen der Eheurkunde vgl. Bl. 41) und Vaterschaftsanerkennung vom 19.4.2010 sein Vater.
Vor dem AG in Erkelenz ist unter dem Aktenzeichen 13 F 74/10 ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren anhängig, das von dem Beschwerdegegner als biologischem Vater geführt wird. Er hatte die Vaterschaft an F. am 7.7.2005 anerkannt; die Kindesmutter hatte der Anerkennung allerdings nicht zugestimmt (für das Schreiben der Stadt Erkelenz vgl. Bl. 8). Beklagt sind dort der Beschwerdeführer und das Kind, vertreten durch die Kindesmutter.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG Erkelenz - Rechtspfleger - in dem vorgenannten Verfahren für das Kind eine Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis "Vertretung des Kindes im Abstammungsverfahren 13 F 74/10 AG Erkelenz" eingerichtet und als Pfleger das Jugendamt der Stadt Erkelenz bestellt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Ergänzungspflegschaft gem. § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlich gewesen sei, da die Kindeseltern das Kind in dem Abstammungsverfahren nicht vertreten könnten; der Vertretungsausschluss ergebe sich aus §§ 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB bzw. i.V.m. §§ 181,1795 Abs. 2 BGB. Denn in dem Abstammungsverfahren seien die Beschwerdeführer als Mutter und (Schein-)Vater Beteiligte i.S.d. § 172 FamFG mit eigenen Interessen und könnten daher nicht gleichzeitig auf der anderen Seite auch noch das ebenfalls verfahrensbeteiligte Kind gesetzlich vertreten. An dieser Beurteilung ändere auch der Umstand nichts, dass es keine Prozessparteien im formalen Sinne mehr gebe.
Da ein Verfahrensbeistand nach § 174 FamFG nicht bestellt worden sei, erübrige sich zudem die Frage, ob die Bestellung eines Verfahrensbeistandes die Bestellung eines Ergänzungspflegers entbehrlich machte.
Gegen diesen ihren Bevollmächtigten in der Sache 13 F 74/10 am 25.6.2010 zugestellten Beschluss haben die Beschwerdeführer am 5.7.2010 sofortige Beschwerde beim OLG eingelegt. Die im Gesetz genannten Tatbestände für einen Ausschluss der Vertretungsmacht lägen nicht vor, insbesondere nicht gem. § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB im Hinblick auf das Abstammungsverfahren: Wie sich aus § 174 FamFG ergebe, seien die Eltern in Abstammungssachen nicht zwangsläufig von der Vertretung ausgeschlossen. Durch die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft werde in das grundrechtlich geschützte Elternrecht eingegriffen.
Das AG - Rechtspfleger - hat mit dem Vermerk vom 21.7.2010 ausgeführt, dass es der Beschwerde nicht abhelfe: Zwar sei die Beschwerde statt beim AG beim OLG eingereicht worden, doch sei die Rechtsmittelbelehrung insoweit fehlerhaft, so dass dies unschädlich sei; durch die fehlerhafte Belehrung sei die Rechtsmittelfrist nicht wirksam in Lauf gesetzt worden. In der Sache sei der Begriff "Rechtsstreit" in § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB nach Inkrafttreten des FamFG neu auszulegen und darunter jedenfalls Vaterschaftsanfechtungs- oder Feststellungsklagen zu subsumieren.
Mit der Verfügung vom 3.8.2010 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Beschwerde bisher nicht wirksam und nicht in der Monatsfrist beim AG eingelegt worden sei; im Hinblick auf die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des AG komme aber ein Wiedereinsetzungsantrag in Betracht.
Unter dem 13.8.2010 haben die Beschwerdeführer Beschwerde beim AG eingelegt und gleichzeitig den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
II.1. Den Beschwerdeführern ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, weil sie ohne ihr Verschulden verhindert waren, die gesetzliche Beschwerdefrist des § 63 FamFG einzuhalten, § 17 FamFG. Zwar war die Fristversäumung, die durch Einlegung der Beschwerde beim falschen Gericht erfolgt ist, nicht unverschuldet, obwohl nach § 17 Abs. 2 FamFG ein Fehlen des Verschuldens bei fehlender oder unzureichender Rechtsbehelfsbelehrung vermutet wird. Dies setzt indessen eine Kausalität zwischen der fehlenden od...