OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 7.9.2017, Kurzinformation LSt Nr. 01/2017
Unternehmen bieten häufig Veranstaltungen für ihre Geschäftspartner bzw. Arbeitnehmer an. Hinsichtlich der geldwerten Vorteile, die den Geschäftspartnern und Arbeitnehmern aus diesen Veranstaltungen entstehen, können die Unternehmen die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG wählen. Das Wahlrecht kann für die Geschäftspartner (§ 37b Abs. 1 EStG) und die eigenen Arbeitnehmer (§ 37b Abs. 2 EStG) getrennt ausgeübt werden.
In die Bemessungsgrundlage für § 37b EStG sind jedoch nicht prinzipiell sämtliche Aufwendungen für die Veranstaltung einzubeziehen. Vielmehr ist zu unterscheiden, um welche Art von Veranstaltung es sich handelt.
1. Incentive-Veranstaltungen:
Incentive-Veranstaltungen sind Veranstaltungen, die allein dem privaten Vergnügen dienen, wie zum Beispiel (Jubiläums-)Feiern, Theater-Besuche oder Reisen mit touristischem Programm. Dabei unterscheidet man Tagesveranstaltungen mit Incentive-Charakter und Incentive-Reisen.
Die aus den Aufwendungen des Zuwendenden resultierenden geldwerten Vorteile aus den Tagesveranstaltungen mit Incentive-Charakter und Incentive-Reisen sind für die Teilnehmer grundsätzlich Betriebseinnahmen bzw. Arbeitslohn. Davon ausgenommen ist der auf die Teilnahme an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG entfallende Anteil der Gesamtaufwendungen während einer Tagesveranstaltung mit Incentive-Charakter. Dabei ist nicht entscheidend, ob es sich bei der zu beurteilenden Tagesveranstaltung um eine gesponserte Sport- oder Kulturveranstaltung mit Werbecharakter oder um eine selbst organisierte Veranstaltung handelt. Entscheidend ist vielmehr, dass der geschäftliche Anlass einer Bewirtung sich auch im Rahmen einer Unterhaltungsveranstaltung ausschließlich nach dem Teilnehmerkreis und nicht nach dem Anlass der Veranstaltung bestimmt (vgl. auch BFH-Urteil vom 18.9.2007, I R 75/06, BStBl 2008 II S. 116). Dies gilt auch unabhängig von der Anzahl der teilnehmenden „Nicht”-Arbeitnehmer. Die Bewirtung der Nichtarbeitnehmer muss jedoch betrieblich veranlasst sein.
Im Rahmen von Incentive-Reisen fließen hingegen Aufwendungen für die Bewirtung in die Bemessungsgrundlage mit ein (vgl. BMF-Schreiben vom 19.5.2015, Rz. 10 Satz 3).
Eine Incentive-Reise liegt in Abgrenzung zu einer Tagesveranstaltung mit Incentive-Charakter vor, wenn die Incentive-Reise mindestens eine Übernachtung umfasst (vgl. BMF-Schreiben vom 19.5.2015, Rz. 10 Satz 4).
„Umfassen” bedeutet dabei, dass sich die Incentive-Reise selbst über mehrere Tage erstreckt, also an mindestens zwei Tagen Programmpunkte angeboten werden.
2. Betrieblich veranlasste bzw. betriebsfunktionale Veranstaltungen:
Betrieblich veranlasste bzw. betriebsfunktionale Veranstaltungen sind zum Beispiel fachliche Besprechungen, Produktpräsentationen oder Fortbildungen.
Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen dient nicht dem privaten Vergnügen, sondern erfolgt aus rein betrieblichen Gründen.
Die aus Anlass solcher Veranstaltungen entstehenden Aufwendungen, wie Zurverfügungstellung von Räumen nebst Ausstattung, (Tagungs-)Unterlagen, Referenten und ggfs. übernommene Reise- und Übernachtungskosten sind daher nicht als geldwerte Vorteile der Teilnehmer anzusehen und nicht unter § 37b EStG zu fassen.
3. Gemischt veranlasste Veranstaltungen:
Gemischt veranlasst sind Veranstaltungen, die sowohl betrieblich veranlasste Bestandteile als auch Bestandteile mit Incentive-Bezug haben.
Aufwendungen, die für gemischt veranlasste Veranstaltungen entstehen, sind auf die Veranstaltungsteile mit Incentive Bezug und die betrieblich veranlassten Veranstaltungsteile aufzuteilen.
Aufwendungen, die unmittelbar den Veranstaltungsteilen mit Incentive-Bezug zugeordnet werden können (z.B. touristisches Programm), sind insgesamt als geldwerte Vorteile der Teilnehmer anzusehen.
Aufwendungen, die unmittelbar den rein betrieblich veranlassten Veranstaltungsteilen zugeordnet werden können (z.B. Kosten für Tagungsräume/Referenten), sind nicht als geldwerte Vorteile der Teilnehmer anzusehen.
Aufwendungen, die sich nicht unmittelbar in einen der vorgenannten Bereiche einordnen lassen (z.B. Flug-/Fahrtkosten, Übernachtungskosten) sind im Wege einer sachgerechten Schätzung aufzuteilen (§ 162 AO).
Die Aufteilung der nicht direkt zuzuordnenden Aufwendungen soll grundsätzlich zeitanteilig erfolgen.
Entsprechend dem im sog. Portugal-Urteil vom 18.8.2005 (BFH, Az. VI R 32/03) vorgegebenen Aufteilungsmaßstab ist bei der zeitanteiligen Aufteilung der nicht unmittelbar zuzuordnenden Kosten von einem 8-Stunden-Arbeitstag als Ausgangsgröße auszugehen. Dazu sind die betriebsfunktionalen Reisebestandteile ins Verhältnis zu einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden zu setzen, um den betrieblich veranlassten Anteil der Aufwendungen zu ermitteln.
Die Zeitanteile für die An- und Abreise bleiben für die Ermittlung des Aufteilungsmaßstabs außer Ansatz.
Beispiel (anlehnend an das BFH-Urteil vom 18.8.2005):