Leitsatz
Der minderjährige Enkel nahm seine Großmutter auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Beide Eltern waren leistungsunfähig. Das minderjährige Kind bezog Leistungen von der Unterhaltsvorschusskasse.
Sachverhalt
Wegen der Leistungsunfähigkeit seiner Eltern nahm ein minderjähriges Kind seine Großmutter auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch, die vom FamG zur Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2004 verurteilt wurde. Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Großmutter als Beklagte Berufung ein und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren, die ihr insoweit bewilligt wurde, als sie die Herabsetzung der durch Urteil des erstinstanzlichen Gerichts ausgeurteilten Unterhaltsrente ab August 2004 begehrte.
Entscheidung
Das OLG sah für die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil nur teilweise Aussichten auf Erfolg und bewilligte Prozesskostenhilfe für das Rechtsmittelverfahren nur partiell. Im Rahmen der summarischen Prüfung im Prozesskostenhilfeverfahren ging das OLG davon aus, dass die Durchsetzung der durch Jugendamtsurkunde vom 17.12.2002 titulierten Unterhaltsansprüche in Höhe von 100 % des Regelbetrages gegen den Vater des Klägers mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen erheblich erschwert ist, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Vater des Klägers nicht erfolgversprechend sind und von einer Nichteintreibbarkeit der Forderung auszugehen ist. Auch die Mutter des Klägers kommt nach Auffassung des OLG als weitere barunterhaltspflichtige Verwandte nicht in Betracht, da sie lediglich Erziehungsgeld bezieht. Auch die Großmutter mütterlicherseits kann mangels Leistungsfähigkeit nicht zum Unterhalt herangezogen werden, so dass die Grundvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Beklagten (der Großmutter väterlicherseits) als nachrangige Unterhaltsverpflichtete gegeben ist.
Aufgrund der Leistungsunfähigkeit beider Eltern bemisst sich der Bedarf des Klägers nach der niedrigsten Einkommensgruppe der Unterhaltstabelle. Dieser Bedarf ist durch die Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse teilweise gedeckt. Leistungen nach dem UVG sind nur im Verhältnis zum barunterhaltspflichtigen Elternteil subsidiär. Ein Anspruchsübergang soll nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 UVG nur dann stattfinden, wenn der Unterhaltsanspruch gegen einen Elternteil und nicht gegen einen sonstigen Verwandten besteht.
Da ein Anspruchsübergang nicht stattfindet, sind die erbrachten Sozialleistungen im Verhältnis zum nachrangig Unterhaltsverpflichteten bedarfsmindernd anzurechnen. Großeltern haften daher nur für den darüber hinaus gehenden Bedarf.
In Höhe des verbleibenden Bedarfs ist die Großmutter nach Auffassung des OLG teilweise leistungsfähig. Bei der Errechnung ihres in die Unterhaltsberechnung einzustellenden Einkommens ist der Schuldendienst für das von ihr bewohnte Eigenheim sowie auch weitere Darlehensverbindlichkeiten in voller Höhe einkommensmindernd abzusetzen. Die für ein selbst genutztes Haus- oder Wohnungseigentum eingegangenen Verbindlichkeiten sind nach Auffassung des OLG jedenfalls dann anzuerkennen, wenn sie sich in einem angemessenen Rahmen halten und vor Bekanntwerden der Unterhaltsverpflichtung eingegangen wurden (BGH in FamRZ 2003, 954).
Sämtliche der Hausfinanzierung dienenden Verträge waren von der Großmutter zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden, der lange vor ihrer Inanspruchnahme als Unterhaltsschuldnerin lag. Für eine Berücksichtigung der Verbindlichkeiten spricht nach Auffassung des OLG auch, dass Großeltern regelmäßig nicht damit rechnen müssen, für den Unterhalt ihrer Enkel in Anspruch genommen zu werden, da meist das Einkommen der Eltern ausreicht, um zumindest den Regelbetrag in Kombination mit Unterhaltsvorschussleistungen und Kindergeld abzudecken. Dies führt dazu, dass Großeltern in der Regel freier über ihre Einkünfte und deren Verwendung disponieren können.
Nach Abzug der zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten verbleibt der Großmutter ein einzusetzendes monatliches Einkommen von 1.281,84 EUR. Hiervon ist der ihr zuzubilligende Selbstbehalt abzuziehen. Diesen hat das OLG analog Ziff. 21.3.2. der Unterleitlinien des OLG Dresden in der ab dem 1.7.2003 geltenden Fassung für 2004 mit 1.125,00 EUR angesetzt und um die Hälfte der Differenz zwischen diesem Mindestbetrag und dem unterhaltsrelevanten Einkommen erhöht.
Der Eigenbedarf von Großeltern, die einem Enkel zum Unterhalt verpflichtet sind, ist weder in den Leitlinien des OLG Dresden noch in den Leitlinien anderer Oberlandesgerichte geregelt. In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, der Selbstbehalt von Großeltern gegenüber ihren Enkeln sei ohne Weiteres mit dem angemessenen Selbstbehalt gegenüber Eltern gleichzusetzen (Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 2 Rz. 2, 273; Kalthoener/Büttner/ Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Aufl, Rz. 188a).
Der Senat teilt diese Auffassung im Hinblick darauf, dass Großeltern regelmäßig nicht damit rechnen müsse...