Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 26 WEG
Kommentar
1. Entgegen der Meinung beider Vorinstanzen dürfen die Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine Verwalterabberufung nicht überspannt werden. Zu bejahen ist eine solche vorzeitige Abberufung, wenn das Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung sämtlicher, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann und deshalb das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (h.M., vgl. z.B. OLG Hamm, WM 91, 218, 220); diese Voraussetzungen sind vorliegend zu bejahen.
2. Zunächst ist nicht zu bezweifeln, dass die abberufene Verwaltung in unvertretbarer Weise das berechtigte Begehren behindert und verzögert hat, die Frage ihrer Abberufung auf die Tagesordnung zu setzen. Eine Aufnahme eines solchen Punktes unter dem TOP "Verschiedenes" kann als Hinwirkung auf planmäßige Verhinderung eines "befürchteten" Beschlusses angesehen werden. Hat i.Ü. eine Verwaltung (wie hier im Jahre 1994) insgesamt DM 114.700,-) - mithin einen sehr hohen Betrag - an bestimmte Eigentümer ausbezahlt, obwohl unter den Eigentümern streitig war, wem die entsprechenden Guthaben zustünden, und obwohl bereits eine Anfechtung der entsprechenden Beschlüsse erfolgt war (wie derzeit bekannt i.Ü. erfolgreich), so stellt die Auszahlung von Geldern auf der Grundlage eines solchen angefochtenen Beschlusses eine schwere Pflichtverletzung dar, zumal eine vernünftige Erläuterung für ein solches Verhalten schriftsätzlich nicht abgegeben wurde. Überdies wurden von der Verwaltung nicht alle vereinbarten Versicherungen abgeschlossen und hierfür auch keine ausreichenden Gründe benannt.
Kündigungsgründe müssen i.Ü. grundsätzlich innerhalb angemessener Zeit geltend gemacht werden. Auch zurückliegende Fehler und Pflichtverletzungen dürfen jedenfalls dann wieder Berücksichtigung finden, wenn weitere Vorfälle auftreten, die für sich allein nicht für eine Kündigung aus wichtigem Grund ausgereicht hätten.
Hat ein Verwalter auch seine Vertragskündigung zum Anlass genommen, das gesamte fällige Verwalterhonorar für seine ursprüngliche Vertragslaufzeit vom gemeinschaftlichen Konto abzubuchen (sogar ohne Abzug ersparter Aufwendungen und Kosten), ist ein solches "Selbstbedienungsverhalten"ebenfalls eine schwere Pflichtverletzung.
Insoweit handelt es sich auch nicht um ein sogenanntes Nachschieben von Kündigungsgründen im eigentlichen Sinne. Erst nach der Kündigung begangene Fehler rechtfertigen grundsätzlich eine neue Kündigung, die jedoch in einer Klageerhebung zu sehen ist, so dass auch hier die Berufung auf solche Gründe als neue Kündigung zu werten ist. Aus Gründen einer Prozessökonomie können diese Gründe allerdings sofort im anhängigen Streit geltend gemacht werden, wenn nach wie vor die Abberufung des Verwalters gewünscht wird.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung allein in Dritter Instanz bei Geschäftswertansatz in allen Instanzen von DM 32.100,-.
Link zur Entscheidung
( OLG Celle, Beschluss vom 12.12.1996, 4 W 258/96, mitgeteilt von Verwalterfirma H. Rösel KG, Inh. U. Rompalsky, Immobilien-Kontor, Soltau)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
Es ist auch für mich höchst bedauerlich, dass vorliegend erst in Dritter Instanz anders lautende Wertungsentscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts korrigiert wurden bei doch wohl sehr gravierendem Fehlverhalten eines Verwalters.
Sollte das Rechtsentscheidsverfahren aus (m.E. i.Ü. nicht erwarteten) Gründen weiterer Justiz-Entlastungen auch im WE-Recht Wirklichkeit werden, kann man sich gut vorstellen, dass so manche unvertretbare Entscheidung der Tatsa-cheninstanz-Gerichte in Rechtskraft erwachsen wird (auch bei Streit über die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe wie vorliegend dem des "wichtigen Grundes" einer berechtigten Verwalterabberufung); eine solche verfahrensrechtliche Gesetzesreform wird deshalb m.E. eher zu einer Rechtszersplitterung und Rechtsunsicherheit führen und deshalb auch zu vermehrten Antragseingängen bei AG und LG. Vorliegend verursachte das Verfahren für die zuletzt obsiegende Gemeinschaft auch erhebliche Kosten, da zumindest in Erster und Zweiter Instanz keine außergerichtliche Kostenerstattung angeordnet wurde.
Der Streit in dieser Anlage scheint i.Ü. noch nicht beendet, da es nunmehr um die Rückforderung teils falsch verteilter, teils unrechtmäßig gutgeschriebener Gelder gehen soll (es soll sich hier um ca. 180.000 DM handeln); des Weiteren muß wohl im vorliegenden Fall noch ein "Computerabsturz" mit ca. 165.000 DM geklärt werden. Vom Vorverwalter sei auch trotz entsprechender amtsgerichtlicher Entscheidung noch keine ordnungsgemäße Abrechnung vorgelegt; Unterlagen sollen i.Ü. nicht vollständig herausgegeben worden sein, so dass derzeitige Überprüfung unmöglich sei; der abberufene Verwalter soll in einem weiteren Verfahren vor dem Amtsgericht eidesstattlich versichert haben, dass keine weiteren Unterlagen mehr vorhanden se...