OFD Frankfurt, Verfügung v. 9.2.2007, S 0166 A - 1 - St II 4.03
Bei der Behandlung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen bitte ich, nach den folgenden Grundsätzen zu verfahren:
1. Allgemeine Grundsätze
Erstattungs- oder Vergütungsansprüche des Stpfl., die sich aus dem Steuerschuldverhältnis ergeben, unterliegen wie andere Geldforderungen der Pfändung gem. §§ 829 ff. ZPO; zusätzlich gelten die Sonderbestimmungen des § 46 AO.
1.1 Beteiligte am Pfändungsverfahren sind:
- der Pfändungsgläubiger. Das ist derjenige, der aufgrund eines Vollstreckungstitels (z.B. Urteil, vollstreckbarer Verwaltungsakt) einen vollstreckbaren Geldanspruch gegen den Pfändungsschuldner hat.
- der Pfändungsschuldner. Das ist derjenige, der die nach dem Vollstreckungstitel geschuldete Leistung zu erfüllen hat und Inhaber des gepfändeten Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs ist (erstattungsberechtigter Steuerpflichtiger).
- der Drittschuldner. Das ist nach § 46 Abs. 7 AO das für die Entscheidung über den Erstattungs- oder Vergütungsanspruch zuständige FA (vgl. Nr. 2.1.3). Wegen der Pflichten des FA als Drittschuldner siehe Nr. 3.3.
1.2 Pfändungsbeschluss
Die Pfändung (d.h. die Sicherstellung der Forderung) wird durch die förmliche Zustellung des vom Amtsgericht erlassenen Pfändungsbeschlusses bewirkt (§ 829 Abs. 3 ZPO). Erst mit der Zustellung wird das FA als Schuldner des Stpfl. zum Drittschuldner und hat die sich hieraus ergebenden Pflichten zu beachten. Es darf insbesondere nicht mehr an den erstattungs- oder vergütungsberechtigten Stpfl. zahlen (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und hat auf Verlangen des Gläubigers die Drittschuldnererklärung gem. § 840 ZPO abzugeben. Das Zahlungsverbot gilt auch dann, wenn bei Eingang des Pfändungsbeschlusses die Auszahlung des Erstattungsbetrages bereits eingeleitet ist, denn die Auszahlung ist erst mit Übergabe des Geldbetrages an den Schuldner abgeschlossen. Der Pfändungsschuldner hat sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
1.3 Überweisungsbeschluss
In aller Regel ist mit dem Pfändungsbeschluss auch der Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts gem. § 835 ZPO verbunden. Er verpflichtet das FA, bis zur Höhe des gepfändeten Betrages an den Gläubiger zu zahlen, soweit der zu erstattende oder zu vergütende Betrag reicht und verfügbar ist.
2. Wirksamkeit der Pfändung und Überweisung
Jeder Pfändungs- und Überweisungsbeschluss stellt als Maßnahme des Vollstreckungsgerichts einen staatlichen Hoheitsakt dar und ist daher bis zu seiner Aufhebung grundsätzlich zu beachten. Dies gilt auch für den Fall, dass er fehlerhaft ergangen ist. Von vornherein unwirksam und nichtig ist ein solcher Beschluss nur ausnahmsweise, nämlich bei grundlegenden und schweren Mängeln, so bei Verstößen gegen wesentliche Formvorschriften oder beim Fehlen jeglicher Vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. BGH, NJW 1976 S. 851; LG Koblenz, Kommunale Kassenzeitschrift 1976 S. 41). Andere Fehler führen nur zur Aufhebbarkeit des Beschlusses in einem besonderen Verfahren.
Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Pfändung und Überweisung sind:
- ein wirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (2.1),
- die wirksame Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (2.2),
- die Erstattungsberechtigung des Pfändungsschuldners (2.3) und
- die Verfügbarkeit des gepfändeten Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs (2.4)
Ist eine dieser Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt, so ist der Pfändungsbeschluss unwirksam und nicht geeignet, ein Pfändungspfandrecht zu begründen.
Wegen der Maßnahmen des FA bei unwirksamen Pfändungen siehe Nr. 4.
2.1 Wirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
2.1.1 Allgemeines
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss die Beteiligten – Pfändungsgläubiger und Pfändungsschuldner (Nr. 2.1.2) sowie Drittschuldner (Nr. 2.1.3.) –, den vollstreckbaren Anspruch, aufgrund dessen gepfändet wird (Nr. 2.1.4), und den gepfändeten Erstattungsanspruch (Nr. 2.1.5) genau bezeichnen.
Zum notwendigen Inhalt eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gehört außerdem das Verbot an den Drittschuldner, an den Schuldner zu zahlen (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO), sowie das Gebot an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung zu enthalten (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Allzu strenge Anforderungen an die Genauigkeit der Bezeichnung hat die Rechtsprechung jedoch nicht gestellt. Insbesondere sind ungenaue und unklare Angaben im Beschluss dann ausreichend, wenn bei verständiger Auslegung Anordnung und Umfang der Pfändung und die von ihr betroffenen Personen unzweifelhaft feststehen.
Können notwendige Angaben auch durch Auslegung nicht eindeutig bestimmt werden, so ist der Pfändungsbeschluss unwirksam. Der Mangel kann auch nicht durch eine nachträgliche Erläuterung, Berichtigung oder Ergänzung des Beschlusses behoben werden; es ist vielmehr ein neuer Beschluss zu erlassen.
Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten i.S.d. § 319 ZPO können (und müs...