Aet Bergmann, Anne Saaber
Rz. 55
Nach einer Inventur ist die Verantwortung des Erben für Pflichten, die sich aus der Erbschaft ergeben, auf den Wert der Erbschaft beschränkt. Eine Inventur der Erbschaft ist gesetzlich vorgeschrieben, wenn es sich bei mindestens einem Erben um eine beschränkt geschäftsfähige Person, eine Gemeinde oder den Staat handelt. In allen anderen Fällen ist die Inventur freiwillig.
Den Antrag auf eine Inventur stellt der Erbe oder sein gesetzlicher Vertreter beim Notar, der einen Gerichtsvollzieher damit beauftragt und ihm dazu eine Frist zwischen zwei und drei Monaten gibt.
Der Gerichtsvollzieher veröffentlicht einen Aufruf, ihm binnen einer Frist alle Forderungen gegen den Nachlass bekanntzugeben. Er ist außerdem berechtigt, Informationen von Banken und von allen Personen zu bekommen, die den Nachlass oder Informationen dazu besitzen. Auf Grund dieser und anderer ihm bekanntgegebener Angaben erstellt er die Liste des Nachlasses, die das gesamte ihm bis dahin bekannte Vermögen, Rechte und Pflichten des Nachlasses enthält. Damit ist die Inventur abgeschlossen.
Die Kosten der Inventur werden aus dem Nachlass getragen.
Rz. 56
Nach einer Inventur werden die Verpflichtungen aus dem Nachlass in folgender Reihenfolge erfüllt:
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als Erstes werden die Beerdigungskosten, Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Familienmitgliedern des Erblassers, Kosten der Verwaltung des Nachlasses und Kosten der Inventur getragen; |
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als Zweites werden Forderungen von Gläubigern erfüllt, die solche Forderungen während der Inventur angemeldet haben oder die während der Inventur sonst bekannt wurden; |
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als Drittes werden Vermächtnisse, Auflagen und Zweckbestimmungen übergeben bzw. erfüllt. |
Reicht der Wert der Erbschaft nicht aus, um alle Verpflichtungen aus dem Nachlass zu erfüllen, und wollen die Erben diese Verpflichtungen nicht aus eigenen Mitteln erfüllen, müssen sie, der Nachlassverwalter oder der Testamentsvollstrecker unverzüglich die Insolvenz der Erbschaft anmelden.
Rz. 57
Nach der Anmeldung der Insolvenz ist die Haftung der Erben für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass beschränkt. Der Erbe ist verpflichtet, das gesamte Vermögen, das er aus dem Nachlass erhalten oder darauf basierend geschaffen hat, an die Konkursmasse zu übergeben. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens haftet der Erbe für die Befriedigung von Forderungen, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet wurden, nur in dem Umfang, in dem er sich zum Zeitpunkt der Anmeldung der Forderung bei ihm noch durch die Erbmasse bereichert hat.
Im Insolvenzverfahren der Erbschaft werden Forderungen der Insolvenzgläubiger nicht aus dem persönlichen Vermögen des Erben befriedigt, es sei denn, der Erbe hat gegen seine gesetzlichen Verpflichtungen verstoßen – dann haftet er in dem Umfang, in dem den Insolvenzgläubigern Schaden entstanden ist.