Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenseitige Anerkennung der Führerscheine. Mit einer Sperrfrist für den Neuerwerb verbundener Entzug der Fahrerlaubnis in einem ersten Mitgliedstaat. Nach Ablauf der Sperrfrist in einem zweiten Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein. Anerkennung und Umschreibung dieses Führerscheins in dem ersten Mitgliedstaat. Nach den nationalen Rechtsvorschriften obligatorische Vorlage eines Berichts über die Fahreignung

 

Normenkette

Richtlinie 91/439/EWG

 

Beteiligte

Halbritter

Daniel Halbritter

Freistaat Bayern

 

Tenor

1. Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der Fassung der Richtlinie 97/26/EG des Rates vom 2. Juni 1997 verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins und damit dessen Gültigkeit in seinem Hoheitsgebiet deshalb nicht anzuerkennen, weil sich sein Inhaber, dem in dem erstgenannten Staat eine vorher erteilte Fahrerlaubnis entzogen worden war, nicht der nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach dem genannten Entzug erforderlichen Fahreignungsprüfung unterzogen hat, wenn die mit diesem Entzug verbundene Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis abgelaufen war, als der Führerschein in dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurde.

2. Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439 in der Fassung der Richtlinie 97/26 verwehrt es einem Mitgliedstaat, bei dem die Umschreibung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen gültigen Führerscheins in einen nationalen Führerschein beantragt wird, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, diese Umschreibung davon abhängig zu machen, dass eine erneute Untersuchung der Fahreignung des Antragstellers vorgenommen wird, die nach dem Recht des erstgenannten Mitgliedstaats zur Ausräumung entsprechender Zweifel aufgrund von Umständen erforderlich ist, die vor dem Erwerb des Führerscheins in dem anderen Mitgliedstaat bestanden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bayerischen Verwaltungsgericht München (Deutschland) mit Entscheidung vom 4. Mai 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Mai 2005, in dem Verfahren

Daniel Halbritter

gegen

Freistaat Bayern

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie der Richter J.-P. Puissochet, A. Borg Barthet, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh,

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: R. Grass,

im Wege der Entscheidung durch mit Gründen versehenen Beschluss nach Artikel 104 § 3 Absatz 1 seiner Verfahrensordnung,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 1 Absatz 2 und 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl. L 237, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 97/26/EG des Rates vom 2. Juni 1997 (ABl. L 150, S. 41, im Folgenden: Richtlinie 91/439).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Halbritter, einem in Deutschland wohnhaften deutschen Staatsangehörigen, und dem Freistaat Bayern wegen einer Entscheidung des Landratsamts München, mit der der österreichische Führerschein von Herrn Halbritter nicht als gültig anerkannt und seine Umschreibung in einen deutschen Führerschein verweigert wurde.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 1 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 91/439 bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen den einzelstaatlichen Führerschein gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie nach dem EG-Muster in Anhang I oder Ia aus. …

(2) Die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine werden gegenseitig anerkannt.”

4 Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie 91/439 hängt die Erteilung eines Führerscheins ab „vom Bestehen einer Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen, vom Bestehen einer Prüfung der Kenntnisse und von der Erfüllung gesundheitlicher Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III” sowie „vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes oder vom Nachweis der Eigenschaft als Student – während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten – im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaats”.

5 Nach Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie kann „[j]ede Person … nur Inhaber eines einzigen von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins sein”.

6 Artikel 8 Absätze 1, 2 und 4 der Richtlinie 91/439 sieht vor:

„(1) Hat der Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat begründet, so kann er einen Antrag auf Umtausch seines Führerscheins gegen einen gleichwertigen Führerschein stellen; es ist Sache des umtauschenden Mitgliedstaats, gegebenenfalls zu prüfen, ob der vorgelegte Führerschein tatsächlich gültig ist.

(2) Vorbeha...

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