Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Straßenverkehr. Ruhezeiten des Fahrers. Regelung eines Mitgliedstaats, die einem Arbeitnehmer bei einer Geschäftsreise das Recht auf pauschale Vergütungen der Unterbringung vorenthält, wenn der Arbeitgeber die Unterbringung auf seine Kosten gewährleistet. Mögliche Einbeziehung der Unterbringung des Fahrers eines Lastkraftwagens in seinem Fahrzeug
Normenkette
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 53 Abs. 2, Art. 99
Beteiligte
Tenor
1. Die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates, insbesondere ihr Art. 8 Abs. 8, ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift nicht entgegensteht, die die Voraussetzungen festlegt, unter denen der Fahrer eines Fahrzeugs Anspruch auf die Erstattung der Unterbringungskosten hat, die durch seine berufliche Tätigkeit angefallen sind.
2. Die zweite von dem Sąd Rejonowy dla Wrocławia-Řródmieścia we Wrocławiu (Bezirksgericht von Breslau-Sródmiescie in Breslau, Polen) gestellte Frage ist offensichtlich unzulässig.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Rejonowy dla Wrocławia-Řródmieścia we Wrocławiu (Bezirksgericht von Breslau-Řródmieście in Breslau, Polen) mit Entscheidung vom 6. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Juli 2015, in dem Verfahren
Z. Ř.,
Z. M.,
M. P.
gegen
X
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie des Richters E. Levits und der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 53 Abs. 2 und Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 8 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. L 102, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn S., Herrn M. und Herrn P., die als Fahrer von Kraftfahrzeugen in der grenzüberschreitenden Beförderung von Gütern tätig sind, und X, ihrem früheren Arbeitgeber, über dessen Weigerung, bestimmte Vergütungen für in ihren Fahrzeugen verbrachte Nächte zu zahlen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 4 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
c) ‚Fahrer’ jede Person, die das Fahrzeug, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenkt oder sich in einem Fahrzeug befindet, um es – als Bestandteil seiner Pflichten – gegebenenfalls lenken zu können;
…
f) ‚Ruhepause’ jeden ununterbrochenen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann;
g) ‚tägliche Ruhezeit’ den täglichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine ‚regelmäßige tägliche Ruhezeit’ und eine ‚reduzierte tägliche Ruhezeit’ umfasst;
- ‚regelmäßige tägliche Ruhezeit’ eine Ruhepause von mindestens 11 Stunden. Diese regelmäßige tägliche Ruhezeit kann auch in zwei Teilen genommen werden, wobei der erste Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 3 Stunden und der zweite Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 9 Stunden umfassen muss;
- ‚reduzierte tägliche Ruhezeit’ eine Ruhepause von mindestens 9 Stunden, aber weniger als 11 Stunden;
h) ‚wöchentliche Ruhezeit’ den wöchentlichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine ‚regelmäßige wöchentliche Ruhezeit’ und eine ‚reduzierte wöchentliche Ruhezeit’ umfasst;
- ‚regelmäßige wöchentliche Ruhezeit’ eine Ruhepause von mindestens 45 Stunden;
- ‚reduzierte wöchentliche Ruhezeit’ eine Ruhepause von weniger als 45 Stunden, die vorbehaltlich der Bedingungen des Artikels 8 Absatz 6 auf eine Mindestzeit von 24 aufeinander folgenden Stunden reduziert werden kann;
i) ‚Woche’ den Zeitraum zwischen Montag 00.00 Uhr und Sonntag 24.00 Uhr;
…”
Rz. 4
Art. 8 Abs. 8 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt:
„Sofern sich ein Fahrer hierfür entscheidet, können nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden, sofern das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt.”
Polnisches Recht
Rz. 5
Art. 9 Abs. 1 der Verordnung des Ministers für Arbeit und Sozialpolitik über die Höhe und die Bedingungen der Bestimmung der Ansprüche der in einer staatlichen oder kommunalen Körperschaft des öffentlichen Rechts beschäft...