Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Unionsmarke. Zulassung von Rechtsmitteln. Antrag, in dem die Bedeutung einer Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts nicht nachgewiesen wird. Nichtzulassung des Rechtsmittels
Normenkette
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 170b
Beteiligte
Leinfelder Uhren München/ EUIPO |
Leinfelder Uhren München GmbH & Co. KG |
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.
2. Die Leinfelder Uhren München GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 24. August 2020,
Leinfelder Uhren München GmbH & Co. KG mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt S. Lüft,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),
Beklagter im ersten Rechtszug,
Thomas Schafft, wohnhaft in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt V. Sandulache,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)
unter Mitwirkung der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter N. Piçarra und D. Šváby (Berichterstatter),
Kanzler: A. Calot Escobar,
auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts M. Szpunar
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Leinfelder Uhren München GmbH & Co. KG die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 10. Juni 2020, Leinfelder Uhren München/EUIPO – Schafft (Leinfelder) (T-577/19, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:259), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 14. Mai 2019 (verbundene Sachen R 1930/2018-2 und R 1937/2018-2) zu einem Verfallsverfahren zwischen Herrn Schafft und Leinfelder Uhren München abgewiesen hat.
Zum Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels
Rz. 2
Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft.
Rz. 3
Gemäß Art. 58a Abs. 3 dieser Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.
Rz. 4
Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs sieht vor, dass der Rechtsmittelführer in den Fällen des Art. 58a Abs. 1 der Satzung seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen hat, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.
Rz. 5
Gemäß Art. 170b Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels so rasch wie möglich durch mit Gründen versehenen Beschluss.
Rz. 6
Zur Begründung ihres Zulassungsantrags macht die Rechtsmittelführerin erstens geltend, dass mit dem Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz und die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen werde, da es mangels einer entsprechenden Rechtsprechung des Gerichtshofs erforderlich sei, dass dieser kläre, welche Bedeutung dem Rechtsmissbrauch im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit eines Verfallsantrags zukomme, um u. a. einen Verstoß gegen das in Art. 2 EUV verankerte Rechtsstaatlichkeitsprinzip zu vermeiden.
Rz. 7
Die Rechtsmittelführerin führt hierzu aus, dass der Verfallsantrag des Streithelfers wegen Rechtsmissbrauch unzulässig sei. Der Streithelfer habe als „Strohmann” der Gesellschaft E. Leinfelder und ihrer Gesellschafter gehandelt und mit der Antragstellung gegen die zwischen dieser Gesellschaft und der Rechtsmittelführerin geschlossene Nichtangriffsverpflichtung sowie gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten verstoßen.
Rz. 8
Die Rechtsmittelführerin rügt insoweit, dass das Gericht, ohne sich mit dem Sachverhalt zu befassen, unter Verweis auf das Urteil vom 16. November 2017, Carrera Brands/EUIPO – Autec (Carrera) (T-419/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:812), entschieden habe, dass die Frage eines etwaigen Rechtsmissbrauchs für die Zulässigkeit eines Verfallsantrags irrelevant sei. Eine solche generelle Position stelle einen Verstoß gegen das Rechtsstaatlichkeitsprinzip dar, da so Verstöße gegen Nichtangriffsvereinbarungen – u. a. im Rahmen des Verfallsverfahrens – nicht justiziabel seien, weil selbst die Person, die s...