Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Straßentransport. Preise im gewerblichen Güterkraftverkehr, die nicht unter den Mindestbetriebskosten liegen dürfen. Wettbewerb. Festlegung der Kosten durch das Ministerium für Infrastruktur und Verkehr

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; AEUV Art. 101

 

Beteiligte

Salumificio Murru

Salumificio Murru SpA

Autotrasporti di Marongiu Remigio

 

Tenor

Art. 101 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, nach der die Preise im gewerblichen Güterkraftverkehr nicht unter den Mindestbetriebskosten liegen dürfen, die von einer nationalen Verwaltungsbehörde festgelegt werden, nicht entgegensteht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Cagliari (Gericht Cagliari, Italien) mit Entscheidung vom 28. Oktober 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Februar 2016, in dem Verfahren

Salumificio Murru SpA

gegen

Autotrasporti di Marongiu Remigio

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Šváby (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský und M. Vilaras,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 101 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Salumificio Murru SpA und der Autotrasporti di Marongiu Remigio über die Zahlung eines Betrags in Höhe der Differenz zwischen dem für verschiedene Transportvorgänge tatsächlich gezahlten Betrag und dem Betrag, der nach einer nationalen Regelung zur Festlegung der Preise im gewerblichen Güterkraftverkehr geschuldet ist.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Das Gesetz Nr. 32 vom 1. März 2005 über die Ermächtigung der Regierung zur rechtlichen Neuregelung der Beförderung von Personen und Gütern im Straßenverkehr (GURI Nr. 57 vom 10. März 2005, S. 5) hat insbesondere den Zweck, eine geregelte Liberalisierung herbeizuführen und das vorherige System verbindlicher Margentarife durch ein System zu ersetzen, bei dem das Entgelt für Güter- und Personenkraftverkehrsdienste in freier Preisbildung vereinbart wird.

Rz. 4

Im Rahmen der Ermächtigung durch das Gesetz Nr. 32 vom 1. März 2005 erließ die italienische Regierung mehrere Decreti legislativi (gesetzesvertretende Dekrete), darunter das Decreto legislativo (gesetzesvertretendes Dekret) Nr. 284 vom 21. November 2005 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 6 vom 9. Januar 2006), mit dem die Consulta generale per l'autotrasporto e la logistica (Allgemeiner Rat für Straßentransport und Logistik, Italien), eine Einrichtung mit Beratungsaufgaben, und als deren Organ das Osservatorio sulle attività di autotrasporto (Beobachtungsstelle für den Straßentransport, im Folgenden: Beobachtungsstelle) gegründet wurden. Letzteres Organ setzt sich aus zehn Mitgliedern zusammen, die vom Präsidenten des Allgemeinen Rates für Straßentransport und Logistik bestimmt werden. Es kontrolliert insbesondere die Einhaltung der Vorschriften über die Verkehrssicherheit und die soziale Sicherheit und dokumentiert fortlaufend die Gebräuche und Gepflogenheiten, die auf im Güterkraftverkehr geschlossene mündliche Verträge Anwendung finden.

Rz. 5

Mit Art. 83a des Decreto-legge (Gesetzesdekret) Nr. 112 vom 25. Juni 2008 (im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 112/2008) wurde die durch das gesetzesvertretende Dekret Nr. 286 vom 21. November 2005 eingeführte Liberalisierung der Tarife sodann insofern eingeschränkt, als er vorsah, dass bei mündlichen Verträgen das vom Auftraggeber geschuldete Entgelt nicht unter den von der Beobachtungsstelle festzulegenden Mindestbetriebskosten liegen darf, einschließlich der monatlich für die verschiedenen Fahrzeugarten festgelegten durchschnittlichen Kraftstoffkosten pro zurückgelegtem Kilometer und des halbjährlich festgelegten, in Prozent ausgedrückten Anteils der gewerblichen Kraftstoffkosten an den Betriebskosten des gewerblichen Kraftverkehrsunternehmens.

Rz. 6

Art. 83a Abs. 10 des Gesetzesdekrets Nr. 112/2008 sah Folgendes vor: „Solange die Festlegungen im Sinne der Abs. 1 und 2 [die die Tätigkeit der Beobachtungsstelle regelten] noch nicht verfügbar sind, erstellt das Ministero delle Infrastrutture e dei Trasporti [Ministerium für Infrastruktur und Verkehr] nach Anhörung der repräsentativsten Branchenverbände des Transportgewerbes und der Auftraggeber anhand der ihm vorliegenden Daten und der allmonatlichen Erhebungen des Ministero dello Sviluppo economico [Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung] über den durchschnittlichen Preis von Dieselkraftstoff Kostenindexe für die verschiedenen Fahrzeugarten und die zurückgelegten Kilometer. Diese Kostenin...

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