Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Luftverkehr. Pauschalreise. Große Verspätung von Flügen. Ausgleichsleistungen für Fluggäste. Weiter gehender Schadensersatz. Anspruch des Fluggastes auf Minderung des Reisepreises
Normenkette
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99; EGV 261/2004 Art. 12
Beteiligte
Tenor
Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein Fluggast, der bereits nach Art. 7 dieser Verordnung einen Ausgleich erhalten hat, aufgrund eines im Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen auf Minderung des Reisepreises gerichteten Anspruchs gegen einen Reiseveranstalter einen Ausgleich erhalten kann, soweit dieser für einen individuellen Schaden gewährt wird, der auf einem der in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung genannten Fälle beruht, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Amtsgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. November 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Februar 2019, in dem Verfahren
FZ
gegen
DER Touristik GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und N. Wahl,
Generalanwalt: P. Pikamäe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen FZ und der DER Touristik GmbH, einer Reiseveranstalterin, wegen Reisepreisminderung, Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreuden und Schadensersatz.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 261/2004
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 1, 2, 5 und 12 der Verordnung Nr. 261/2004 heißt es:
„(1) Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs sollten unter anderem darauf abzielen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Ferner sollte den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen in vollem Umfang Rechnung getragen werden.
(2) Nichtbeförderung und Annullierung oder eine große Verspätung von Flügen sind für die Fluggäste ein Ärgernis und verursachen ihnen große Unannehmlichkeiten.
…
(5) Da die Unterscheidung zwischen Linienflugverkehr und Bedarfsflugverkehr an Deutlichkeit verliert, sollte der Schutz sich nicht auf Fluggäste im Linienflugverkehr beschränken, sondern sich auch auf Fluggäste im Bedarfsflugverkehr, einschließlich Flügen im Rahmen von Pauschalreisen, erstrecken.
…
(12) Das Ärgernis und die Unannehmlichkeiten, die den Fluggästen durch die Annullierung von Flügen entstehen, sollten ebenfalls verringert werden. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass die Luftfahrtunternehmen veranlasst werden, die Fluggäste vor der planmäßigen Abflugzeit über Annullierungen zu unterrichten und ihnen darüber hinaus eine zumutbare anderweitige Beförderung anzubieten, so dass die Fluggäste umdisponieren können. Andernfalls sollten die Luftfahrtunternehmen den Fluggästen einen Ausgleich leisten und auch eine angemessene Betreuung anbieten, es sei denn, die Annullierung geht auf außergewöhnliche Umstände zurück, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.”
Rz. 4
Art. 1 „Gegenstand”) Abs. 1 der Verordnung Nr. 261/2004 sieht vor:
„Durch diese Verordnung werden unter den in ihr genannten Bedingungen Mindestrechte für Fluggäste in folgenden Fällen festgelegt:
- Nichtbeförderung gegen ihren Willen,
- Annullierung des Flugs,
- Verspätung des Flugs.”
Rz. 5
Art. 2 „Begriffsbestimmungen”) Buchst. b, d und e der Verordnung Nr. 261/2004 bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
b) ‚ausführendes Luftfahrtunternehmen’ ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt;
…
d) ‚Reiseunternehmen’ einen Veranstalter im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen …, mit Ausnahme...