Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Art. 45 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Nach nationalem Recht erforderliche Mindestzeit für den Erwerb eines Anspruchs auf eine Altersrente. Berücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Beitragszeit. Zusammenrechnung. Einzelheiten der Berechnung
Beteiligte
Zakład Ubezpieczeń Społecznych Oddział w Nowym Sączu |
Tenor
Art. 45 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 (EWG) des Rates zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006, ist dahin auszulegen, dass bei der Bestimmung der nach nationalem Recht für den Erwerb des Anspruchs auf eine Altersrente durch einen Arbeitnehmer erforderlichen Mindestversicherungszeit der zuständige Träger des betreffenden Mitgliedstaats zur Bestimmung der Grenze, die die beitragsfreien Zeiten im Verhältnis zu den Beitragszeiten nicht übersteigen dürfen, wie sie in der Regelung dieses Mitgliedstaats vorgesehen ist, alle von dem Arbeitnehmer im Laufe seines Berufslebens zurückgelegten Versicherungszeiten einschließlich der in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten zu berücksichtigen hat.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Sąd Najwyższy (Polen) mit Entscheidung vom 18. August 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 11. November 2009, in dem Verfahren
Zakład Ubezpieczeń Społecznych Oddział w Nowym Sączu
gegen
Stanislawa Tomaszewska
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-J. Kasel (Berichterstatter) sowie der Richter A. Borg Barthet und E. Levits,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Zakład Ubezpieczeń Społecznych Oddział w Nowym Sączu, vertreten durch D. Karwala-Szot und B. Rębilas als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch J. Faldyga und A. Siwek als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch V. Kreuschitz und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 392, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Zakład Ubezpieczeń Społecznych Oddział w Nowym Sączu (Sozialversicherungsträger – Kasse Nowy Sącz, im Folgenden: Zakład Ubezpieczeń Społecznych) gegen Frau Tomaszewska, in dem es um die Berücksichtigung der von der Betroffenen in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Beitragszeit und die Einzelheiten der Bestimmung der nach polnischem Recht erforderlichen Mindestzeit für den Erwerb eines Anspruchs auf eine Altersrente geht.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der Begriff „Versicherungszeiten” bezeichnet nach Art. 1 Buchst. r der Verordnung Nr. 1408/71 die Beitragszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer Selbständigentätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften, unter denen sie zurückgelegt worden sind, als Versicherungszeiten bestimmt oder anerkannt sind oder als zurückgelegt gelten, sowie alle gleichgestellten Zeiten, soweit sie nach diesen Rechtsvorschriften als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind.
Rz. 4
Art. 45 der Verordnung, der mit „Berücksichtigung der Versicherungs- oder Wohnzeiten, die nach Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind, die für den Arbeitnehmer oder Selbständigen im Hinblick auf den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs galten” überschrieben ist, bestimmt in Abs. 1:
„Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Anspruchs auf die Leistungen eines Systems, das kein Sondersystem im Sinne des Absatzes 2 oder 3 ist, davon abhängig, dass Versicherungs- oder Wohnzeiten zurückgelegt worden sind, berücksichtigt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats, soweit erforderlich, die nach den Rechtsvorschriften jedes anderen Mitgliedstaats zu...