Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Gerichtliche Zuständigkeit sowie Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Besondere Zuständigkeiten. Begriff ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag’. Gläubigeranfechtungsklage
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 1215/2012, Art. 7 Nr. 1 Buchst. a
Beteiligte
Azteca Products & Services SL |
Tenor
Eine Gläubigeranfechtungsklage, mit der der Inhaber einer auf einem Vertrag beruhenden Forderung in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden beantragt, ihm gegenüber eine für seine Ansprüche angeblich nachteilige Handlung für unwirksam zu erklären, mit der sein Schuldner ein Rechtsgut an einen Dritten übertragen hat, fällt unter die in Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen vorgesehene Regelung der internationalen Zuständigkeit.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Szczecinie (Bezirksgericht Stettin, Polen) mit Entscheidung vom 29. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2017, in dem Verfahren
Feniks sp. z o.o.
gegen
Azteca Products & Services SL
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Feniks sp. z o.o., vertreten durch P. Zimmerman und B. Sierakowski, radcowie prawni,
- der Azteca Products & Services SL, vertreten durch M. Řwirgoń, adwokat,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Nowak und K. Majcher als Bevollmächtigte,
- der schweizerischen Regierung, vertreten durch M. Schöll als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin, M. Heller und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Juni 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Feniks sp. z o.o. und der Azteca Products & Services SL (im Folgenden: Azteca) über einen zwischen Azteca und einem Schuldner von Feniks geschlossenen Kaufvertrag über eine Immobilie, von dem geltend gemacht wird, er sei für die Ansprüche von Feniks nachteilig.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1215/2012
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 15, 16 und 34 der Verordnung Nr. 1215/2012 lauten:
„(15) Die Zuständigkeitsvorschriften sollten in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten. Diese Zuständigkeit sollte stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden.
(16) Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten sollte durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind. Das Erfordernis der engen Verbindung soll Rechtssicherheit schaffen und verhindern, dass die Gegenpartei vor einem Gericht eines Mitgliedstaats verklagt werden kann, mit dem sie vernünftigerweise nicht rechnen konnte. Dies ist besonders wichtig bei Rechtsstreitigkeiten, die außervertragliche Schuldverhältnisse infolge der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte einschließlich Verleumdung betreffen.
…
(34) Um die Kontinuität zwischen dem … Übereinkommen [über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (ABl. 1972, L 299, S. 32)], der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 [des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1)] und dieser Verordnung zu wahren, sollten Übergangsvorschriften vorgesehen werden. Dies gilt auch für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens von 1968 und der es ersetzenden Verordnungen durch den Ger...