Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattung, zutreffende Darstellung des Sachverhalts in einem Erstattungsantrag, obwohl kein Erstattungsanspruch besteht, Rindfleischpartien aus Isolierschlachtbetrieben
Leitsatz (amtlich)
Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 und die Verordnung (EG) Nr. 495/97 der Kommission vom 18. März 1997 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass vorbehaltlich der in dessen Unterabs. 3 vorgesehenen Befreiungen die in Unterabs. 1 Buchst. a genannte Verminderung u. a. dann vorzunehmen ist, wenn sich erweist, dass die Ware, für deren Ausfuhr eine Erstattung beantragt worden war, nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität war, und zwar ungeachtet des Umstands, dass der Ausführer in gutem Glauben war und Art und Herkunft der Ware zutreffend beschrieben hat.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 11 Abs. 1
Beteiligte
Société d exportation de produits agricoles SA (SEPA) |
Hauptzollamt Hamburg-Jonas |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Landwirtschaft ‐ Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 ‐ Art. 11 ‐ Ausfuhrerstattungen ‐ Erstattungsantrag bezüglich einer Ausfuhr, für die kein Erstattungsanspruch besteht ‐ Verwaltungsrechtliche Sanktion“
In der Rechtssache C-562/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 7. September 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 9. November 2011, in dem Verfahren
Société d’Exportation de Produits Agricoles SA (SEPA)
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters M. Ilešič (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter E. Levits und M. Safjan,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Société d’Exportation de Produits Agricoles SA (SEPA), vertreten durch Rechtsanwalt D. Ehle,
‐ der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch G. von Rintelen und B. Burggraaf als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 (ABl. L 310, S. 57) und die Verordnung (EG) Nr. 495/97 der Kommission vom 18. März 1997 (ABl. L 77, S. 12) geänderten Fassung.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Société d’Exportation de Produits Agricoles SA (SEPA) (im Folgenden: SEPA) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas wegen der Verhängung einer verwaltungsrechtlichen Sanktion gegen SEPA aufgrund einer von dieser zu Unrecht beantragten Ausfuhrerstattung.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Die Verordnung Nr. 3665/87 wurde aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 102, S. 11), die später ihrerseits durch die Verordnung (EG) Nr. 612/2009 der Kommission vom 7. Juli 2009 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 186, S. 1) aufgehoben und ersetzt wurde. Im Ausgangsverfahren ist jedoch die Verordnung Nr. 3665/87 in geänderter Fassung anzuwenden.
Rz. 4
Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 3665/87 in der durch die Verordnung Nr. 2945/94 geänderten Fassung bestimmte:
„Wird festgestellt, dass ein Ausführer eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat, so entspricht die für die betreffende Ausfuhr geschuldete Erstattung der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung, vermindert um einen Betrag in Höhe
a) des halben Unterschieds zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung,
b) des doppelten Unterschieds zwischen der beantragten und der geltenden Erstattung, wenn der Ausführer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat.“
Rz. 5
In Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2 hieß es: „Als beantragte Erstattung gilt der Betrag, der anhand der Angaben [des Antragstellers] berechnet wird.“
Rz. 6
Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 3 sah vor:
„Die unter Buchstabe a) genannte Sanktion entfällt:
[a)] im Falle höherer Gewalt,
[b)] für Ausnahmefälle aufgrund von Umständen, für die der Aus...