Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen. Anwendungsbereich. Ausnahmen. Verfahren/Methoden der genetischen Veränderung, die herkömmlich angewandt wurden und seit Langem als sicher gelten. In-vitro-Zufallsmutagenese
Normenkette
Richtlinie 2001/18/EG Art. 3 Abs. 1; Richtlinie 2001/18/EG Anhang I B Nr. 1
Beteiligte
Confédération paysanne u.a |
Réseau Semences Paysannes |
Les Amis de la Terre France |
Collectif Vigilance OGM et Pesticides 16 |
Fédération Nature et Progrès |
Ministre de l'Agriculture et de l'Alimentation |
Tenor
Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang I B Nr. 1 der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates im Licht ihres 17. Erwägungsgrundes
ist wie folgt auszulegen:
Organismen, die durch die Anwendung eines Verfahrens oder einer Methode der Mutagenese gewonnen werden, das bzw. die auf den gleichen Modalitäten der Veränderung des genetischen Materials des betreffenden Organismus durch ein Mutagen beruht wie ein Verfahren oder eine Methode der Mutagenese, das bzw. die herkömmlich bei einer Reihe von Anwendungen angewandt wurde und seit Langem als sicher gilt, sich jedoch von dem zweiten Verfahren oder von der zweiten Methode der Mutagenese durch andere Merkmale, einschließlich der Verwendung von In-vitro-Kulturen, unterscheidet, sind von der in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahme grundsätzlich ausgeschlossen, sofern feststeht, dass diese Merkmale geeignet sind, zu Veränderungen des genetischen Materials dieses Organismus zu führen, die sich in ihrer Art oder in dem Tempo, in dem sie auftreten, von denjenigen unterscheiden, die durch die Anwendung dieses zweiten Verfahrens oder dieser zweiten Methode der Mutagenese gewonnen werden. Jedoch rechtfertigen es die mit In-vitro-Kulturen einhergehenden Wirkungen als solche nicht, dass Organismen von dieser Ausnahme ausgenommen werden, die durch die In-vitro-Anwendung eines Verfahrens oder einer Methode der Mutagenese gewonnen werden, das bzw. die herkömmlich bei einer Reihe von Anwendungen in vivo angewandt wurde und in Bezug auf diese Anwendungen seit Langem als sicher gilt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d'État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidung vom 8. November 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 17. November 2021, in dem Verfahren
Confédération paysanne,
Réseau Semences Paysannes,
Les Amis de la Terre France,
Collectif Vigilance OGM et Pesticides 16,
Vigilance OG2M,
CSFV 49,
OGM: dangers,
Vigilance OGM 33,
Fédération Nature et Progrès
gegen
Premier ministre,
Ministre de l'Agriculture et de l'Alimentation,
Beteiligte:
Fédération française des producteurs d'oléagineux et de protéagineux,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter), des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin A. Prechal, des Kammerpräsidenten E. Regan, der Kammerpräsidentin L. S. Rossi, der Richter M. Ilešič, S. Rodin, N. Piçarra, I. Jarukaitis und A. Kumin, der Richterin I. Ziemele, der Richter M. Gavalec und Z. Csehi sowie der Richterin O. Spineanu-Matei,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: R. Stefanova-Kamisheva, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2022,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Confédération paysanne, Réseau Semences Paysannes, Les Amis de la Terre France, Collectif Vigilance OGM et Pesticides 16, Vigilance OG2M, CSFV 49, OGM: dangers, Vigilance OGM 33 und Fédération Nature et Progrès, vertreten durch G. Tumerelle, Avocat,
- der Fédération française des producteurs d'oléagineux et de protéagineux, vertreten durch M.-A. de Chillaz und B. Le Bret, Avocats,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. Bain und J.-L. Carré als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, B. Eggers, I. Galindo Martín und C. Valero als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Oktober 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 und von Anhang I B Nr. 1 der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (ABl. 2001, L 106, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Confédération paysanne, Réseau Semences Paysannes, Les Amis de la Terre France, Collectif Vigilance OGM et Pesticides 16, Vigilance OG2M, CFSV 49, OGM: dangers, Vigilance OGM 33 und Fédération Nature et P...