Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersuchen um Vorabentscheidung: Arbeitsgericht Bremen. Deutschland. Mittelbare Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen. Verguetung fuer die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen, mit denen Personalratsmitgliedern die zur Erfuellung ihrer Aufgaben erforderlichen Kenntnisse vermittelt werden. Sozialpolitik. Männliche und weibliche Arbeitnehmer. Arbeitsentgelt. Begriff. Ausgleich für die Tätigkeit in einer Arbeitnehmervertretung. Einbeziehung. Gleiches Entgelt. Ausgleich für die Einkommenseinbusse, die bei Teilnahme an Schulungsveranstaltungen für Personalratsmitglieder während der Vollarbeitszeit entsteht. Nationale Regelung, die den Ausgleich, den teilzeitbeschäftigte Teilnehmer zu erhalten haben, nach Maßgabe ihrer individüllen Arbeitszeit beschränkt. Unterschiedliche Behandlung im Verhältnis zu den vollzeitbeschäftigten Teilnehmern. Zusammensetzung des Teilzeitpersonals vornehmlich aus Frauen. Unzulässigkeit bei Fehlen objektiver Rechtfertigungskriterien
Leitsatz (amtlich)
1. Der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des Artikels 119 des Vertrages und der Richtlinie 75/117 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen umfasst alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistungen gewährten Vergütungen, vorausgesetzt, daß der Arbeitgeber sie dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt, sei es aufgrund eines Arbeitsvertrags, aufgrund von Rechtsvorschriften oder freiwillig.
Der für die Tätigkeit in einer gesetzlich geschaffenen Arbeitnehmervertretung wirtschaftlich dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zufließende Ausgleich fällt unter diesen Begriff. Wenn sich dieser Ausgleich als solcher auch nicht aus dem Arbeitsvertrag ergibt, so stellt er nämlich doch eine vom Arbeitgeber mittelbar gewährte Vergütung dar, da er aufgrund von Rechtsvorschriften und von Arbeitsverhältnissen gezahlt wird.
2. Das in Artikel 119 des Vertrages und in der Richtlinie 75/117 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen enthaltene Verbot der mittelbaren Diskriminierung beim Arbeitsentgelt steht, sofern der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer angehören, einer nationalen Regelung entgegen, die, ohne zur Erreichung eines legitimen sozialpolitischen Ziels geeignet und erforderlich zu sein, dazu führt, daß der Ausgleich, den teilzeitbeschäftigte Personalratsmitglieder von ihrem Arbeitgeber bei Teilnahme an Schulungsveranstaltungen zu erhalten haben, die für die Personalratstätigkeit erforderliche Kenntnisse vermitteln und während der betrieblichen Vollarbeitszeit veranstaltet werden, deren Dauer aber über die individülle Arbeitszeit dieser Teilzeitbeschäftigten hinausgeht, auf deren individülle Arbeitszeit beschränkt ist, während vollzeitbeschäftigte Personalratsmitglieder bei Teilnahme an denselben Schulungsveranstaltungen einen Ausgleich nach Maßgabe ihrer Arbeitszeit erhalten.
Normenkette
EWGVtr Art. 119; Richtlinie 75/117 des Rates Art. 119; Richtlinie 75/117 des Rates
Beteiligte
Tenor
1. Der für die Tätigkeit in einer gesetzlich geschaffenen Arbeitnehmervertretung wirtschaftlich dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zufließende Ausgleich ist Arbeitsentgelt im Sinne des Artikels 119 EWG-Vertrag und der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen.
2. Das in Artikel 119 des Vertrages und in der Richtlinie 75/117 enthaltene Verbot der mittelbaren Diskriminierung beim Arbeitsentgelt steht, sofern der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer angehören, einer nationalen Regelung entgegen, die, ohne zur Erreichung eines legitimen sozialpolitischen Ziels geeignet und erforderlich zu sein, dazu führt, daß der Ausgleich, den teilzeitbeschäftigte Personalratsmitglieder von ihrem Arbeitgeber bei Teilnahme an Schulungsveranstaltungen zu erhalten haben, die für die Personalratstätigkeit erforderliche Kenntnisse vermitteln und während der betrieblichen Vollarbeitszeit veranstaltet werden, deren Dauer aber über die individülle Arbeitszeit dieser Teilzeitbeschäftigten hinausgeht, auf deren individülle Arbeitszeit beschränkt ist, während vollzeitbeschäftigte Personalratsmitglieder bei Teilnahme an denselben Schulungsveranstaltungen einen Ausgleich nach Maßgabe ihrer Arbeitszeit erhalten.
Gründe
1 Das Arbeitsgericht Bremen hat mit Beschluß vom 5. Mai 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Mai 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung des Artikels 119 EWG-Vertrag und der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleic...