Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Schadensersatzklage. Unzureichende Begründung eines Rechtsmittelurteils des Gerichtshofs. Verfälschung des Gegenstands eines Schadensersatzantrags
Beteiligte
Ori Martin / Gerichtshof der Europäischen Union |
Gerichtshof der Europäischen Union |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Ori Martin SA trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Gerichtshofs der Europäischen Union.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. Juli 2017,
Ori Martin SA mit Sitz in Luxemburg (Luxemburg), Prozessbevollmächtigter: G. Belotti, avvocato,
Rechtsmittelführerin,
andere Partei des Verfahrens:
Gerichtshof der Europäischen Union, vertreten durch J. Inghelram und A. M. Almendros Manzano als Bevollmächtigte,
Beklagter im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), M. Safjan, D. Šváby und M. Vilaras,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Ori Martin SA die Abänderung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 1. Juni 2017, Ori Martin/Gerichtshof der Europäischen Union (T-797/16, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2017:396), mit dem das Gericht ihre Klage auf Ersatz des Schadens, der ihr durch einen Verstoß des Gerichtshofs der Europäischen Union gegen Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) entstanden sein soll, abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 2
Mit Klageschrift, die am 14. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Ori Martin Klage gegen den Beschluss K(2010) 4387 endg. der Kommission vom 30. Juni 2010 in einem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38344 – Spannstahl), geändert durch den Beschluss K(2010) 6676 endg. der Kommission vom 30. September 2010 und durch den Beschluss K(2011) 2269 endg. der Kommission vom 4. April 2011, mit dem die Kommission u. a. gegen die Siderurgica Latina Martin SpA (im Folgenden: SLM) eine Geldbuße in Höhe von 15,96 Mio. Euro – davon 14 Mio. Euro gesamtschuldnerisch mit Ori Martin – verhängt hatte.
Rz. 3
In dieser Klageschrift, mit der das Verfahren T-419/10 eingeleitet wurde, beantragte die Rechtsmittelführerin die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses, soweit dieser vorsah, dass sie für die von SLM begangenen Taten gesamtschuldnerisch haftet, und die Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße, die mit diesem Beschluss gegen sie verhängt worden war.
Rz. 4
Mit Urteil vom 15. Juli 2015, SLM und Ori Martin/Kommission (T-389/10 und T-419/10, EU:T:2015:513), setzte das Gericht u. a. die gegen die Rechtsmittelführerin und SLM gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße auf 13,3 Mio. Euro herab und wies die Klage im Übrigen ab.
Rz. 5
Mit am 18. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangener Rechtsmittelschrift, mit der das Verfahren C-490/15 P eingeleitet wurde, legte die Rechtsmittelführerin ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein.
Rz. 6
Dieses Rechtsmittel wurde mit Urteil vom 14. September 2016, Ori Martin und SLM/Kommission (C-490/15 P und C-505/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:678), zurückgewiesen.
Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss
Rz. 7
Mit Klageschrift, die am 15. November 2016 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Ori Martin gegen den Gerichtshof der Europäischen Union Klage auf Ersatz des Schadens, der ihr durch das Urteil vom 14. September 2016, Ori Martin und SLM/Kommission (C-490/15 P und C-505/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:678), entstanden sein soll.
Rz. 8
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht diese Klage gemäß Art. 126 seiner Verfahrensordnung abgewiesen, da ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehle.
Rz. 9
Zum einen hat das Gericht in den Rn. 6 und 7 dieses Beschlusses ausgeführt, dass sich der Antrag der Rechtsmittelführerin von denen unterscheide, die gestellt werden könnten, um Ersatz des Schadens zu erlangen, der wegen einer überlangen Dauer des Verfahrens vor den Unionsgerichten entstanden sein soll, und die keine Beurteilung der Stichhaltigkeit der Ausführungen des Gerichtshofs oder des Gerichts in ihren Urteilen oder Beschlüssen umfassten. Der Antrag der Rechtsmittelführerin ziele nämlich darauf ab, die im Urteil vom 14. September 2016, Ori Martin und SLM/Kommission (C-490/15 P und C-505/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:678), enthaltenen Ausführungen zur Geltung der Vermutung, dass die Rechtsmittelführerin einen bestimmenden Einfluss auf SLM ausgeübt habe, in Frage zu stellen.
Rz. 10
Zum anderen hat das Gericht in den Rn. 8 bis 10 des angefochtenen Beschlusses fest...