Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwelt. Übereinkommen von Aarhus. Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Unmittelbare Wirkung
Beteiligte
Lesoochranárske zoskupenie |
Lesoochranárske zoskupenie VLK |
Ministerstvo životného prostredia Slovenskej republiky |
Tenor
Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde, hat im Unionsrecht keine unmittelbare Wirkung. Das vorlegende Gericht hat jedoch das Verfahrensrecht in Bezug auf die Voraussetzungen, die für die Einleitung eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahrens vorliegen müssen, so weit wie möglich im Einklang sowohl mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 dieses Übereinkommens als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen, um es einer Umweltschutzvereinigung wie dem Lesoochranárske zoskupenie zu ermöglichen, eine Entscheidung, die am Ende eines Verwaltungsverfahrens ergangen ist, das möglicherweise im Widerspruch zum Umweltrecht der Union steht, vor einem Gericht anzufechten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Najvyšší súd Slovenskej republiky (Slowakei) mit Entscheidung vom 22. Juni 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juli 2009, in dem Verfahren
Lesoochranárske zoskupenie VLK
gegen
Ministerstvo životného prostredia Slovenskej republiky
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot (Berichterstatter), K. Schiemann und D. Šváby, des Richters A. Rosas, der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter U. Lõhmus, A. Ó Caoimh und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Lesoochranárske zoskupenie VLK, vertreten durch I. Rajtáková, advokátka,
- der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und B. Klein als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch G. Karipsiadis und T. Papadopoulou als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und S. Menez als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz, D. Krawczyk und M. Nowacki als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski und M. Pere als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth und J. Stratford als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Oliver und A. Tokár als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. Juli 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde (ABl. L 124, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Lesoochranárske zoskupenie VLK (im Folgenden: Zoskupenie), einem nach slowakischem Recht gegründeten Verein mit dem Zweck des Umweltschutzes, und dem Ministerstvo životného prostredia Slovenskej republiky (Umweltministerium der Slowakischen Republik, im Folgenden: Ministerstvo životného prostredia) über den Antrag des Vereins, an Verwaltungsverfahren über die Genehmigung von Ausnahmen von der Schutzregelung für Arten wie den Braunbären, über den Zugang zu Naturschutzgebieten und über die Verwendung chemischer Produkte in solchen Gebieten beteiligt zu werden.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Rz. 3
Art. 9 des Übereinkommens von Aarhus bestimmt:
„(1) Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass jede Person, die der Ansicht ist, dass ihr nach Artikel 4 gestellter Antrag auf Informationen nicht beachtet, fälschlicherweise ganz oder teilweise abgelehnt, unzulänglich beantwortet oder auf andere Weise nicht in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel bearbeitet worden ist, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle hat.
Für den Fall, dass eine Vertragspartei eine derartige Überprüfung durch ein Gericht...