Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten. Recht der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit auf ein Überprüfungsverfahren. Verfrühter Rechtsbehelf. Begriffe des nicht übermäßig teuren Verfahrens und der Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen, für die die Bestimmungen der Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Anwendbarkeit des Übereinkommens von Aarhus

 

Normenkette

Richtlinie 2011/92/EU

 

Beteiligte

North East Pylon Pressure Campaign und Sheehy

North East Pylon Pressure Campaign Ltd

Maura Sheehy

Irland

The Attorney General

An Bord Pleanála

The Minister for Communications, Energy and Natural Resources

 

Tenor

1. Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ist dahin auszulegen, dass das Erfordernis, dass bestimmte gerichtliche Verfahren nicht übermäßig teuer sein dürfen, für ein Verfahren vor einem Gericht eines Mitgliedstaats wie das des Ausgangsverfahrens gilt, durch das geklärt wird, ob ein Rechtsbehelf während eines Verfahrens zur Genehmigung eines Entwicklungsvorhabens zugelassen werden kann. Dies gilt erst recht, wenn der Mitgliedstaat nicht festgelegt hat, in welchem Verfahrensstadium die Einlegung eines Rechtsbehelfs möglich ist.

2. Rügt ein Rechtsbehelfsführer einen Verstoß gegen Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren in Umweltangelegenheiten und zugleich einen Verstoß gegen andere Bestimmungen, gilt das in Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2011/92 vorgesehene Erfordernis, dass bestimmte gerichtliche Verfahren nicht übermäßig teuer sein dürfen, nur für die Kosten, die auf den Teil des Rechtsbehelfs entfallen, der sich auf einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung stützt.

3. Art. 9 Abs. 3 und 4 des am 25. Juni 1998 in Aarhus unterzeichneten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, das mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt wurde, ist dahin auszulegen, dass das Erfordernis, dass im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen bestimmte gerichtliche Verfahren nicht übermäßig teuer sein dürfen, für den Teil eines Rechtsbehelfs, der von diesem Erfordernis, wie es sich nach der Richtlinie 2011/92 aus der Antwort in Nr. 2 des vorliegenden Tenors ergibt, nicht erfasst wäre, gilt, soweit der Rechtsbehelfsführer damit die Beachtung des nationalen Umweltrechts sicherstellen wollte. Diese Bestimmungen haben keine unmittelbare Wirkung, doch ist es Sache des nationalen Gerichts, das nationale Verfahrensrecht so auszulegen, dass es so weit wie möglich mit diesen im Einklang steht.

4. Ein Mitgliedstaat kann von dem in Art. 9 Abs. 4 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten und Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2011/92 niedergelegten Erfordernis, dass bestimmte Verfahren nicht übermäßig teuer sein dürfen, nicht abweichen, wenn ein Rechtsbehelf als mutwillig oder rechtsmissbräuchlich angesehen wird oder wenn zwischen dem behaupteten Verstoß gegen das nationale Umweltrecht und einer Schädigung der Umwelt kein Zusammenhang besteht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) mit Entscheidung vom 29. Juli 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 22. August 2016, in dem Verfahren

North East Pylon Pressure Campaign Ltd,

Maura Sheehy

gegen

An Bord Pleanála,

The Minister for Communications, Energy and Natural Resources,

Irland,

The Attorney General,

Beteiligte:

EirGrid plc,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev und E. Regan,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der North East Pylon Pressure Campaign Ltd und von Frau Sheehy, vertreten durch D. Courtney und B. Sawey, Solicitors, M. O'Donnell, Barrister, C. Hughes, Barrister, E. Keane, SC, und C. Bradley, SC,
  • von An Bord Pleanála, vertreten durch A. Doyle, Solicitor, B. Foley, Barrister, und N. Butler, SC,
  • des Attorney General und des Minister for Communications, Climate Action and Environment (vormals Minister for Communications, Energy and Natural Resources), vertreten durch E. Creedon und E. McKenna als Bevollmächtigte im Beistand von M. McDowell, Barrister,
  • von Irland, vertreten durch R. Mulcahy, SC, und G. Gilmore...

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