Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwelt. Gesundheitswesen. Rechtsmittel. Erstellung eines Verzeichnisses der zulassungspflichtigen Stoffe. Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV in Frage kommenden Stoffe. Aktualisierung des Eintrags des Stoffs Bisphenol A als ‚besonders besorgniserregender Stoff‘
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 Anhang XIV
Beteiligte
Tenor
1.Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2.Die PlasticsEurope AISBL trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und von ClientEarth.
3.Die Bundesrepublik Deutschland und die Französische Republik tragen jeweils ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache C-119/21 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. Februar 2021,
PlasticsEurope AISBLmit Sitz in Brüssel (Belgien), vertreten durch R. Cana und E. Mullier, Avocates,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Chemikalienagentur (ECHA), vertreten durch W. Broere und A. Hautamäki als Bevollmächtigte im Beistand von S. Raes, Advocaat,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Bundesrepublik Deutschland, zunächst vertreten durch J. Möller und D. Klebs als Bevollmächtigte, dann durch M. Möller als Bevollmächtigten,
Französische Republik, vertreten durch G. Bain und T. Stéhelin als Bevollmächtigte,
ClientEarthmit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), vertreten durch P. Kirch, Avocat,
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin L. S. Rossi, der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin (Berichterstatter) sowie der Richterin O. Spineanu-Matei,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. September 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die PlasticsEurope AISBL, ein Verband, der die Interessen der europäischen Kunststoffhersteller vertritt, die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Dezember 2020, PlasticsEurope/ECHA (T-207/18, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:623), mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses ED/01/2018 des Direktors der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vom 3. Januar 2018 (im Folgenden: streitiger Beschluss), mit dem der bestehende Eintrag von Bisphenol A in die Liste der für eine Aufnahme in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1, berichtigt in ABl. 2007, L 136, S. 3) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 253/2011 der Kommission vom 15. März 2011 (ABl. 2011, L 69, S. 7) geänderten Fassung (im Folgenden: REACH-Verordnung) in Frage kommenden Stoffe dahin ergänzt wurde, dass Bisphenol A auch als Stoff ermittelt wurde, der im Sinne von Art. 57 Buchst. f der REACH-Verordnung wegen endokriner Eigenschaften wahrscheinlich schwerwiegende Wirkungen auf die Umwelt hat, die ebenso besorgniserregend sind wie diejenigen anderer in Art. 57 Buchst. a bis e der REACH-Verordnung aufgeführter Stoffe, abgewiesen wurde.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Art. 2 („Anwendung“) der REACH-Verordnung bestimmt in Abs. 8 Buchst. b, dass standortinterne isolierte Zwischenprodukte und transportierte isolierte Zwischenprodukte von Titel VII der REACH-Verordnung, der für besonders besorgniserregende Stoffe eine Zulassungspflicht vorsieht, ausgenommen sind.
Rz. 3
Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der REACH-Verordnung bestimmt in Nr. 15:
„Zwischenprodukt: Stoff, der für die chemische Weiterverarbeitung hergestellt und hierbei verbraucht oder verwendet wird, um in einen anderen Stoff umgewandelt zu werden (nachstehend ‚Synthese‘ genannt):
a) Nicht-isoliertes Zwischenprodukt: Zwischenprodukt, das während der Synthese nicht vorsätzlich aus dem Gerät, in dem die Synthese stattfindet, entfernt wird (außer für Stichprobenzwecke). Derartiges Gerät umfasst Reaktionsbehälter und die dazugehörige Ausrüstung sowie jegliches Gerät, das der Stoff/die Stoffe in einem kontinuierlichen oder diskontinuierlichen Prozess durchläuft/durchlaufen, sowie Rohrleitungen zum Verbringen von einem Behälter in einen anderen für den nächsten Reaktionsschritt; nicht dazu gehören Tanks oder andere Behälter, in denen der Stoff/die Stoffe nach der Herstellung gelagert wird/werden;
b) Standortinternes isoliertes Zwischenprodukt: Zwischenprodukt, das die Kriterien eines nicht-isolierten Zwischenprodukts nicht erfüllt, dessen Herstellung und die...