Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Humanarzneimittel. Aussetzung des Inverkehrbringens und Rückruf von bestimmten Arzneimittelchargen mit dem Wirkstoff Clopidogrel. Änderung der Genehmigungen für das Inverkehrbringen. Verbot des Inverkehrbringens. Vorsorgegrundsatz. Verhältnismäßigkeit. Begründungspflicht
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 726/2004; Richtlinie 2001/83/EG
Beteiligte
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Acino AG trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 15. Mai 2013,
Acino AG mit Sitz in Miesbach (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Buchner und E. Burk,
Rechtsmittelführerin,
andere Partei des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch M. Šimerdová und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Borg Barthet sowie der Richter E. Levits und F. Biltgen (Berichterstatter),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Acino AG (im Folgenden: Acino) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 7. März 2013, Acino/Kommission (T-539/10, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der vorläufigen Beschlüsse der Kommission vom 29. März 2010 über die Aussetzung des Inverkehrbringens von vier Humanarzneimitteln, die den in einer Betriebsstätte in Indien hergestellten Wirkstoff Clopidogrel enthalten, und über den Rückruf der bereits auf dem Markt befindlichen Arzneimittelchargen sowie der endgültigen Beschlüsse der Kommission vom 16. September 2010 über die Änderung der Genehmigungen für das Inverkehrbringen und das Verbot des Inverkehrbringens dieser Arzneimittel (im Folgenden: streitige Beschlüsse) abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Art. 46 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. L 136, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83) sieht vor:
„Der Inhaber einer Herstellungserlaubnis ist verpflichtet, zumindest:
…
f) die Grundsätze und Leitlinien guter Herstellungspraxis für Arzneimittel einzuhalten und als Ausgangsstoffe nur Wirkstoffe zu verwenden, die gemäß den ausführlichen Leitlinien guter Herstellungspraxis für Ausgangsstoffe hergestellt wurden.
…”
Rz. 3
In Art. 116 der Richtlinie 2001/83 heißt es:
„Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten setzen die Genehmigung aus, nehmen sie zurück, widerrufen oder ändern sie, wenn sie der Ansicht sind, dass das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich ist oder dass seine therapeutische Wirksamkeit fehlt oder dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei bestimmungsgemäßem Gebrauch ungünstig ist oder dass das Arzneimittel nicht die angegebene quantitative und qualitative Zusammensetzung aufweist. Die therapeutische Wirksamkeit fehlt, wenn feststeht, dass sich mit dem Arzneimittel keine therapeutischen Ergebnisse erzielen lassen.
…”
Rz. 4
Art. 117 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Die Mitgliedstaaten treffen unbeschadet der Maßnahmen nach Artikel 116 alle zweckdienlichen Maßnahmen, damit die Abgabe eines Arzneimittels untersagt und dieses aus dem Verkehr gezogen wird, falls feststeht, dass
- das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich ist oder
- die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels fehlt oder
- das Nutzen-Risiko-Verhältnis unter den genehmigten Verwendungsbedingungen ungünstig ist oder
- das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
- die Kontrollen der Arzneimittel und/oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Gewährung der Herstellungsgenehmigung nicht erfüllt worden ist.”
Rz. 5
Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136, S. 1) bestimmt:
„(1) Sind die Überwachungsbehörden oder die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats der Auffassung, dass der in der Gemeinschaft niedergelassene Hersteller oder Importeur die in Titel IV der Richtlinie 2001/83/EG festgelegten Verpflichtungen nicht mehr erfüllt, so unterrichten sie den Ausschuss für Humanarzneimittel und die Kommission unv...