Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten. Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten. Fehlerhafte Auslegung. Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten. Überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung von Dokumenten. Allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit. Dokumente zu einem EU-Pilotverfahren
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 Art. 4 Abs. 2
Beteiligte
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Das Königreich Schweden trägt die der Europäischen Kommission entstandenen Kosten.
3. Die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien und die Republik Finnland tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 5. Dezember 2014,
Königreich Schweden, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, N. Otte Widgren, E. Karlsson und L. Swedenborg als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführer,
andere Parteien des Verfahrens:
Darius Nicolai Spirlea,
Mihaela Spirlea,
wohnhaft in Capezzano Pianore (Italien),
Kläger im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission, vertreten durch H. Krämer und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
unterstützt durch
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und A. Lippstreu als Bevollmächtigte,
Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,
Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, D. Hadroušek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
Königreich Dänemark, vertreten durch C. Thorning als Bevollmächtigten,
Königreich Spanien, vertreten durch J. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,
Republik Finnland, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer),
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2016,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. November 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Königreich Schweden die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 25. September 2014, Spirlea/Kommission (T-306/12, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2014:816), mit dem das Gericht die Klage von Herrn Darius Nicolai Spirlea und Frau Mihaela Spirlea auf Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission vom 21. Juni 2012, mit dem ihnen der Zugang zu zwei Auskunftsersuchen verweigert wurde, die die Kommission am 10. Mai und am 10. Oktober 2011 im Rahmen des EU-Pilotverfahrens 2070/11/SNCO an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet hatte (im Folgenden: streitiger Beschluss), abgewiesen hat.
I.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) legt die Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen des Zugangs zu Dokumenten dieser Organe fest.
Rz. 3
Im vierten Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt es:
„Diese Verordnung soll dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten größtmögliche Wirksamkeit verschaffen und gemäß Artikel [15 Abs. 3 AEUV] die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen.”
Rz. 4
Der elfte Erwägungsgrund dieser Verordnung lautet:
„Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen sollte jedoch durch Ausnahmen gewährleistet werden. Es sollte den Organen gestattet werden, ihre internen Konsultationen und Beratungen zu schützen, wo dies zur Wahrung ihrer Fähigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Ausnahmen sollten die Organe in allen Tätigkeitsbereichen der Union die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verankerten Grundsätze über den Schutz personenbezogener Daten berücksichtigen.”
Rz. 5
Art. 1 dieser Verordnung bestimmt:
„Zweck dieser Verordnung ist es:
- die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel [15 Abs. 3 AEUV] niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (nachstehend ‚Organe’ genannt) so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist,
- Regeln zur Sicherstellung einer möglichst einfachen Ausübung dieses Rechts aufzustellen, und
- eine gute Verwaltungspraxis im Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten zu fördern.”
Rz. 6
Art. 2 der Verord...