Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Gegenseitige Anerkennung der Konformität von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen. Vorliegen harmonisierter Normen. Pflicht des Herstellers, sich an eine benannte Stelle zu wenden. Anbringung der Kennnummer einer benannten Stelle
Normenkette
Richtlinie 1999/5/EG
Beteiligte
Ministero dello Sviluppo economico |
Tenor
1. Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität in der durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Hersteller einer Funkanlage, wenn er das in Anhang III Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehene Verfahren anwendet und harmonisierte Normen heranzieht, um die in diesem Absatz genannten Funktestreihen festzulegen, nicht verpflichtet ist, sich an eine benannte Stelle im Sinne von Art. 11 Abs. 1 dieser Richtlinie zu wenden, und daher nicht verpflichtet ist, dem CE-Kennzeichen die Kennnummer dieser Stelle hinzuzufügen.
2. Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/5 in der durch die Verordnung Nr. 596/2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Hersteller eine Funkanlage, der das Verfahren nach Anhang III dieser Richtlinie angewendet hat, indem er die harmonisierten Normen herangezogen hat, die die durchzuführenden wesentlichen Funktestreihen festlegen, dem CE-Kennzeichen nicht die Kennnummer einer benannten Stelle hinzufügen muss, die er freiwillig konsultiert hat, obwohl er nicht dazu verpflichtet ist, um die Liste der in diesen harmonisierten Normen enthaltenen wesentlichen Funktestreihen zu bestätigen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 23. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 13. April 2017, in dem Verfahren
COBRA SpA
gegen
Ministero dello Sviluppo economico
erlässt
DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Vajda (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe und des Richters C. Lycourgos,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Garofoli, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und D. Kukovec als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität (ABl. 1999, L 91, S. 10) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 (ABl. 2009, L 188, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 1999/5).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der COBRA SpA und dem Ministero dello Sviluppo economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, im Folgenden: MISE) wegen der fehlenden Kennnummer der benannten Stelle auf den von COBRA hergestellten Geräten und deren Verpackungen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Richtlinie 1999/5 wurde mit Wirkung vom 13. Juni 2016 aufgehoben und durch die Richtlinie 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/5/EG (ABl. 2014, L 153, S. 62) ersetzt. Angesichts der Zeit, in die der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens fällt, wird das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen jedoch anhand der Richtlinie 1999/5 geprüft.
Rz. 4
Die Erwägungsgründe 14, 27 und 32 der Richtlinie 1999/5 lauteten:
„(14) Es ist darauf zu achten, dass Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen keine vermeidbare Gesundheitsgefahr darstellen.
…
(27) Auf europäischer Ebene harmonisierte Normen für die Entwicklung und Herstellung von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen liegen im öffentlichen Interesse. Bei Einhaltung dieser harmonisierten Normen kann davon ausgegangen werden, dass die Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen gegeben ist. Der Nachweis für die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen kann aber auch auf andere Art und Weise erbracht werden.
…
(32) Der freie Verkehr von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen, die die einschlägigen grundlegenden Anforderungen erfüllen, sollte gewährleistet sein. Die Inbetriebnahme solcher Geräte zu den vorgesehenen Verwendungszwecken sollte zulä...