Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Regionale Förderregelung, nach der für Anlagen in der betreffenden Region, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, handelbare grüne Zertifikate vergeben werden. Pflicht der Stromversorger, der zuständigen Behörde jährlich eine bestimmte Zahl von Zertifikaten vorzulegen. Keine Berücksichtigung von Herkunftsnachweisen, die aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des EWR-Abkommens stammen. Administrative Geldbuße bei Nichtvorlage der Zertifikate. Freier Warenverkehr

 

Normenkette

Richtlinie 2001/77/EG Art. 5; EWR-Abkommen Art. 13, 11; EG Art. 28; Richtlinie 2003/54/EG Art. 3

 

Beteiligte

Essent Belgium

Essent Belgium NV

Vlaamse Reguleringsinstantie voor de Elektriciteits- en Gasmarkt

 

Tenor

1. Art. 5 der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Förderregelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht, die die Zuteilung handelbarer Zertifikate für Strom, der im Gebiet der betreffenden Region aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird, durch die zuständige regionale Regulierungsbehörde vorsieht und den Stromversorgern unter Androhung einer administrativen Geldbuße die Verpflichtung auferlegt, dieser Behörde jährlich eine bestimmte, einem Anteil ihrer gesamten Stromlieferungen in dieser Region entsprechende Zahl solcher Zertifikate vorzulegen, wobei die betreffenden Stromversorger diese Verpflichtung nicht mit Herkunftsnachweisen erfüllen dürfen, die aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder aus dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörenden Drittstaaten stammen.

2. Die Art. 28 EG und 30 EG sowie die Art. 11 und 13 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Förderregelung wie der in Nr. 1 des vorliegenden Tenors beschriebenen nicht entgegenstehen, sofern

  • Mechanismen geschaffen worden sind, die das Zustandekommen eines echten Marktes für Zertifikate sicherstellen, auf dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen und ins Gleichgewicht gebracht werden können, so dass es den betroffenen Stromversorgern tatsächlich und zu fairen Bedingungen möglich ist, sich Zertifikate zu beschaffen;
  • die Berechnungsweise und die Höhe der von den Stromversorgern, die die in Nr. 1 des vorliegenden Tenors erwähnte Verpflichtung nicht erfüllt haben, zu entrichtenden administrativen Geldbuße so festgelegt sind, dass sie nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um für die Erzeuger Anreize zu schaffen, tatsächlich mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen, und die der genannten Verpflichtung unterworfenen Versorger anzuhalten, tatsächlich die verlangten Zertifikate zu erwerben, wobei insbesondere die betreffenden Versorger nicht mit einer übermäßigen Sanktion belegt werden dürfen.

3. Die in Art. 18 AEUV, Art. 4 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG enthaltenen Diskriminierungsverbote sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Förderregelung wie der in Nr. 1 des vorliegenden Tenors beschriebenen nicht entgegenstehen.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank van eerste aanleg te Brussel (Belgien), mit Entscheidungen vom 16. April 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 30. April 2012, in den Verfahren

Essent Belgium NV

gegen

Vlaamse Reguleringsinstantie voor de Elektriciteits- en Gasmarkt,

Beteiligte:

Vlaams Gewest,

Vlaamse Gemeenschap (C-204/12, C-206/12 und C-208/12),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie des Richters J. Malenovský und der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Essent Belgium NV, vertreten durch D. Haverbeke und W. Vandorpe, advocaten,
  • der Vlaamse Reguleringsinstantie voor de Elektriciteits- en Gasmarkt, des Vlaams Gewest und der Vlaamse Gemeenschap, vertreten durch S. Vernaillen und B. Goosens, advocaten,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch B. Koopman, M. Bulterman und C. Wissels als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet, K. Herrmann und E. Manhaeve als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Mai 2013,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 18 AEUV, 34 AEUV und 36 AEUV, der Art. 4, 11 und 13 d...

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