Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESARBEITSGERICHT. FREIZUEGIGKEIT. ARBEITNEHMER. TÄTIGKEIT IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG. AUSNAHMEREGELUNG. GRENZEN. ANWENDUNG NUR AUF MASSNAHMEN, DIE DEN ZUGANG ZU BESTIMMTEN TÄTIGKEITEN BESCHRÄNKEN. GLEICHBEHANDLUNG IN BEZUG AUF ENTLOHNUNG ODER SONSTIGE ARBEITSBEDINGUNGEN. ARBEITSVERGÜTUNG. ERGÄNZUNG. ARBEITSBEDINGUNGEN. BEGRIFF. GRUNDSATZ DER GLEICHBEHANDLUNG. MERKMALE. VERDECKTE DISKRIMINIERUNG. TRENNUNGSENTSCHÄDIGUNG. GEWÄHRUNG. WOHNSITZ. WOHNSITZ IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT. SACHLICHE UNTERSCHEIDUNG. ZULÄSSIGKEIT
Leitsatz (amtlich)
1. DEN INTERESSEN, DIE ZU SCHÜTZEN DIE AUSNAHMEREGELUNG DES ARTIKELS 48 ABSATZ 4 DES VERTRAGES ERLAUBT, IST MIT DER MÖGLICHKEIT GENÜGE GETAN, DEN ZUGANG AUSLÄNDISCHER STAATSANGEHÖRIGER ZU GEWISSEN TÄTIGKEITEN IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG ZU BESCHRÄNKEN; DIESE BESTIMMUNG KANN KEINE UNTERSCHIEDLICHE BEHANDLUNG IN BEZUG AUF ENTLOHNUNG ODER SONSTIGE ARBEITSBEDINGUNGEN DER ARBEITNEHMER RECHTFERTIGEN, WENN DIESE EINMAL IN DEN DIENST DER VERWALTUNG AUFGENOMMEN SIND. DIE ART DES RECHTSVERHÄLTNISSES ZWISCHEN DEM ARBEITNEHMER UND DER VERWALTUNG IST INSOWEIT UNERHEBLICH.
2. ARTIKEL 7 ABSATZ 1 UND 4 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 IST DAHIN AUSZULEGEN, DASS DIE TRENNUNGSENTSCHÄDIGUNG, WELCHE DIE NACHTEILE AUSGLEICHEN SOLL, DIE DEM ARBEITNEHMER DURCH DIE TRENNUNG VON SEINER FAMILIENWOHNUNG ENTSTEHEN, EINE ERGÄNZUNG DER ARBEITSVERGÜTUNG DARSTELLT UND UNTER DEN BEGRIFF „ARBEITSBEDINGUNGEN” FÄLLT, OHNE DASS ES DARAUF ANKOMMT, OB DIE ZAHLUNG ALS FREIWILLIGE LEISTUNG ODER AUFGRUND EINER GESETZLICHEN ODER VERTRAGLICHEN VERPFLICHTUNG ERFOLGT.
3. DIE VORSCHRIFTEN ÜBER DIE GLEICHBEHANDLUNG VERBIETEN NICHT NUR OFFENSICHTLICHE DISKRIMINIERUNGEN AUFGRUND DER STAATSANGEHÖRIGKEIT, SONDERN AUCH ALLE VERSTECKTEN FORMEN DER DISKRIMINIERUNG, DIE DURCH DIE ANWENDUNG ANDERER UNTERSCHEIDUNGSMERKMALE TATSÄCHLICH ZU DEM GLEICHEN ERGEBNIS FÜHREN. ES KANN JE NACH DEN UMSTÄNDEN EINE VERBOTENE UNTERSCHIEDLICHE BEHANDLUNG DARSTELLEN, WENN FÜR DIE GEWÄHRUNG DER TRENNUNGSENTSCHÄDIGUNG DARAUF ABGESTELLT WIRD, DASS DER ARBEITNEHMER SEINEN WOHNSITZ IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT HAT. DIES IST ALLERDINGS NICHT DER FALL, WENN DIE FÜR EINE SOLCHE ENTSCHÄDIGUNG GELTENDE REGELUNG SACHLICHE UNTERSCHIEDE IN DER LAGE DER ARBEITNEHMER BERÜCKSICHTIGT, JE NACHDEM, OB SIE BEI AUFNAHME IHRER TÄTIGKEIT IHREN WOHNSITZ IM INLAND ODER IM AUSLAND HABEN.
Normenkette
EWGVtr Art. 48 Abs. 4; EWGV 1612/68 Art. 7 Abs. 1, 4; EWGVtr Art. 48
Beteiligte
Tenor
1. ARTIKEL 48 ABSATZ 4 DES VERTRAGES IST DAHIN AUSZULEGEN, DASS DIE DORT GETROFFENE AUSNAHMEBESTIMMUNG AUSSCHLIESSLICH DEN ZUGANG ZU BESCHÄFTIGUNGEN IN DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG BETRIFFT. DIE ART DES RECHTSVERHÄLTNISSES ZWISCHEN DEM ARBEITNEHMER UND DER VERWALTUNG IST INSOWEIT UNERHEBLICH.
2. ARTIKEL 7 ABSATZ 1 UND 4 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 IST DAHIN AUSZULEGEN, DASS DIE TRENNUNGSENTSCHÄDIGUNG, DIE ZUSÄTZLICH ZUM LOHN GEZAHLT WIRD, UNTER DEN BEGRIFF „ARBEITSBEDINGUNGEN” FÄLLT, OHNE DASS ES DARAUF ANKOMMT, OB DIE ZAHLUNG ALS FREIWILLIGE LEISTUNG ODER AUFGRUND EINER GESETZLICHEN ODER VERTRAGLICHEN VERPFLICHTUNG ERFOLGT.
3. ES KANN JE NACH DEN UMSTÄNDEN EINE NACH ARTIKEL 7 ABSATZ 1 UND 4 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 VERBOTENE UNTERSCHIEDLICHE BEHANDLUNG DARSTELLEN, WENN FÜR DIE GEWÄHRUNG DER TRENNUNGSENTSCHÄDIGUNG DARAUF ABGESTELLT WIRD, DASS DER ARBEITNEHMER SEINEN WOHNSITZ IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT HAT. DIES IST ALLERDINGS NICHT DER FALL, WENN DIE FÜR EINE SOLCHE ENTSCHÄDIGUNG GELTENDE REGELUNG SACHLICHE UNTERSCHIEDE IN DER LAGE DER ARBEITNEHMER BERÜCKSICHTIGT, JE NACHDEM, OB SIE BEI AUFNAHME IHRER TÄTIGKEIT IHREN WOHNSITZ IM INLAND ODER IM AUSLAND HABEN.
Gründe
1 MIT BESCHLUSS VOM 28. MÄRZ 1973, IN DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN AM 20. JULI 1973, HAT DAS BUNDESARBEITSGERICHT AUFGRUND VON ARTIKEL 177 DES EWG-VERTRAGS DREI FRAGEN NACH DER AUSLEGUNG VON ARTIKEL 48 ABSATZ 4 DES VERTRAGS ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT UND VON ARTIKEL 7 ABSATZ 1 UND 4 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT (AB1. 1968 L 257, S. 2) VORGELEGT. DIESE FRAGEN SIND IN EINEM RECHTSSTREIT AUFGEWORFEN WORDEN, DEN EIN BEI DER DEUTSCHEN BUNDESPOST ALS ARBEITER BESCHÄFTIGTER ITALIENISCHER STAATSANGEHÖRIGER WEGEN ZAHLUNG EINER „TRENNUNGSENTSCHÄDIGUNG” ANGESTRENGT HAT, DIE AUSSERHALB IHRES WOHNORTES BESCHÄFTIGTEN ARBEITNEHMERN UNTER BESTIMMTEN BEDINGUNGEN GEWÄHRT WIRD.
ZUR ERSTEN FRAGE
2 DIE ERSTE FRAGE GEHT DAHIN, OB AUFGRUND DER AUSNAHMEBESTIMMUNG DES ARTIKELS 48 ABSATZ 4 DES EWG-VERTRAGS ARBEITNEHMER, DIE VON DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG EINES MITGLIEDSTAATS – IM VORLIEGENDEN FALL VON DER POSTVERWALTUNG – IM RAHMEN EINES PRIVATRECHTLICHEN ARBEITSVERTRAGES BESCHÄFTIGT WERDEN, VON DER VERGÜNSTIGUNG DES DISKRIMINIERUNGSVERBOTS DES ARTIKELS 7 ABSATZ 1 UND 4 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 AUSGESCHL...