Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Erhaltung der natürlichen Lebensräume. Besondere Schutzgebiete. Vorprüfung zur Feststellung, ob eine Prüfung der Auswirkungen eines Plans oder Projekts auf ein besonderes Schutzgebiet erforderlich ist oder nicht. Maßnahmen, die dabei berücksichtigt werden dürfen

 

Normenkette

Richtlinie 92/43/EWG Art. 6 Abs. 3

 

Beteiligte

People Over Wind und Sweetman

Peter Sweetman

People Over Wind

Coillte Teoranta

 

Tenor

Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, ob es erforderlich ist, anschließend eine Prüfung der Verträglichkeit eines Plans oder Projekts mit einem betroffenen Gebiet durchzuführen, Maßnahmen, die die nachteiligen Auswirkungen dieses Plans oder Projekts auf das betroffene Gebiet vermeiden oder vermindern sollen, während der vorhergehenden Vorprüfungsphase nicht berücksichtigt werden dürfen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) mit Entscheidung vom 10. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Mai 2017, in dem Verfahren

People Over Wind,

Peter Sweetman

gegen

Coillte Teoranta

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von People Over Wind und Herrn Sweetman, vertreten durch O. Clarke, Solicitor, O. Collins, BL, und J. Devlin, SC,
  • der Coillte Teoranta, vertreten durch J. Conway, Solicitor, S. Murray, BL, und D. McGrath, SC,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hermes und E. Manhaeve als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7, im Folgenden: Habitatrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen People Over Wind, einer Nichtregierungsorganisation zum Schutz der Umwelt, und Herrn Peter Sweetman einerseits und Coillte Teoranta (im Folgenden: Coillte), einer im Eigentum des irischen Staates stehenden Forstwirtschaftsgesellschaft, andererseits über die für die Verlegung eines Kabels zum Anschluss eines Windparks an das Stromnetz erforderlichen Arbeiten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Im zehnten Erwägungsgrund der Habitatrichtlinie heißt es:

„Pläne und Projekte, die sich auf die mit der Ausweisung eines Gebietes verfolgten Erhaltungsziele wesentlich auswirken könnten, sind einer angemessenen Prüfung zu unterziehen.”

Rz. 4

Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.

(2) Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.

(3) Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen tragen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung.”

Rz. 5

In Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:

„Es wird ein kohärentes europäisches ökologisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung ‚Natura 2000’ errichtet. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen, und muss den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleisten.

…”

Rz. 6

Art. 6 der Habitatrichtlinie lautet:

„(1) Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.

(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die...

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