Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuer mit Umsatzsteuercharakter, Steuer auf Vermögensübertragungen, Ankauf werthaltiger Gegenstände von Privatpersonen, Umsätze mit Gold, Umsätze mit Edelmetallen
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 401
Beteiligte
Diputación Foral de Bizkaia |
Verfahrensgang
Tribunal Supremo (Spanien) (Beschluss vom 07.02.2018; ABl. EU 2018 Nr. C 182/13) |
Tenor
Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und der Grundsatz der steuerlichen Neutralität sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens nicht entgegenstehen, nach der der Erwerb von Gegenständen mit einem hohen Anteil an Gold oder anderen Edelmetallen durch ein Unternehmen von Privatpersonen einer von der Mehrwertsteuer verschiedenen indirekten Steuer auf Vermögensübertragungen unterliegt, wenn diese Gegenstände für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens bestimmt sind, das sie zur Verarbeitung und späteren Wiedereinführung in den Handel an Unternehmen der Goldbarren- und Edelmetallerzeugungsbranche weiterveräußert.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 7. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 9. März 2018, in dem Verfahren
Oro Efectivo SL
gegen
Diputación Foral de Bizkaia
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter L. Bay Larsen (Berichterstatter) und M. Safjan,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Oro Efectivo SL, vertreten durch K. Caminos García und A. Landeta Calvo, abogados, und A. Rodríguez Muñoz,
- der Diputación Foral de Bizkaia, vertreten durch M. F. Ortiz de Apodaca García, procurador, und M. Barrena Ezcurra, abogada,
- der spanischen Regierung, vertreten durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und J. Jokubauskaite als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) sowie des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Oro Efectivo SL und der Diputación Foral de Bizkaia (Regionalregierung von Bizkaia, Spanien) über die Verweigerung des Rechts auf Abzug der Vorsteuer auf Vermögensübertragungen und beurkundete Rechtsgeschäfte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Sechste Richtlinie
Rz. 3
Art. 33 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 (ABl. 1991, L 376, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) bestimmt:
„Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen, insbesondere der geltenden Gemeinschaftsbestimmungen über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle von verbrauchsteuerpflichtigen Waren, hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind.”
Mehrwertsteuerrichtlinie
Rz. 4
Die Sechste Richtlinie wurde zum 1. Januar 2007 durch die Mehrwertsteuerrichtlinie aufgehoben und ersetzt. Die Erwägungsgründe 4 und 7 der Mehrwertsteuerrichtlinie lauten:
„(4) Voraussetzung für die Verwirklichung des Ziels, einen Binnenmarkt zu schaffen[,] ist, dass in den Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern angewandt werden, durch die die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälscht und der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr nicht behindert werden. Es ist daher erforderlich, eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern im Wege eines Mehrwertsteuersystems vorzunehmen, um so weit wie möglich die Faktoren auszuschalten, die geeignet sind, die Wettbewerbsbedingungen sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Gemeinschaftsebene zu verfälschen.
…
(7) Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sollte, selbst wenn die Sätze und Befreiungen nicht völlig harmonisiert werden, eine Wettbewerbsneutralität in dem Sinne bewirken, dass gleich...