Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. Begriff ‚nicht übermäßig teures’. Gerichtsverfahren

 

Beteiligte

Kommission / Vereinigtes Königreich

Europäische Kommission

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

 

Tenor

1. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten verstoßen, dass es Art. 3 Nr. 7 und Art. 4 Nr. 4 dieser Richtlinie nicht richtig umgesetzt hat, soweit sie vorsehen, dass die betreffenden Gerichtsverfahren nicht übermäßig teuer sein dürfen.

2. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten. Das Königreich Dänemark und Irland tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 18. Oktober 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch P. Oliver und L. Armati als Bevollmächtigte,

Klägerin,

gegen

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch C. Murrell, dann durch M. Holt als Bevollmächtigte im Beistand von J. Maurici, Barrister,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch C. H. Vang als Bevollmächtigten,

Irland, vertreten durch E. Creedon und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von E. Barrington und G. Gilmore, Barristers,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.-C. Bonichot (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2013,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. September 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156, S. 17) verstoßen hat, dass es die Art. 3 Nr. 7 und Art. 4 Nr. 4 dieser Richtlinie weder vollständig umgesetzt noch richtig angewandt hat.

Rechtlicher Rahmen

Übereinkommen von Aarhus

Rz. 2

In der Präambel des am 25. Juni 1998 unterzeichneten und im Namen der Europäischen Gemeinschaft durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. L 124, S. 1) genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Aarhus) heißt es:

„…

ferner in der Erkenntnis, dass jeder Mensch das Recht hat, in einer seiner Gesundheit und seinem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt zu leben, und dass er sowohl als Einzelperson als auch in Gemeinschaft mit anderen die Pflicht hat, die Umwelt zum Wohle gegenwärtiger und künftiger Generationen zu schützen und zu verbessern;

in Erwägung dessen, dass Bürger zur Wahrnehmung dieses Rechts und zur Erfüllung dieser Pflicht Zugang zu Informationen, ein Recht auf Beteiligung an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten haben müssen, und in Anbetracht der Tatsache, dass sie in dieser Hinsicht gegebenenfalls Unterstützung benötigen, um ihre Rechte wahrnehmen zu können;

mit dem Anliegen, dass die Öffentlichkeit, einschließlich Organisationen, Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen haben soll, damit ihre berechtigten Interessen geschützt werden und das Recht durchgesetzt wird;

…”

Rz. 3

Art. 1 („Ziel”) des Übereinkommens von Aarhus lautet:

„Um zum Schutz des Rechts jeder männlichen/weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen, gewährleistet jede Vertragspartei das Recht auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen.”

Rz. 4

Art. 3 („Allgemeine Bestimmungen”) Abs. 8 dieses Übereinkommens bestimmt:

„Jede Vertragspartei stellt sicher, dass Personen, die ihre Rechte im Einklang mit diesem Übereinkommen ausüben, hierfür nicht in irgendeiner Weise bestraft, verfolgt oder belästigt ...

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